Internationaler Tag der Muttersprache

21. Februar 

Seit dem Jahr 2000 wird am 21. Februar der von der UNESCO ausgerufene Internationale Tag der Muttersprache begangen. Der jährliche Gedenktag wird vor allem dazu genutzt, auf Minderheitensprachen mit weniger als 10.000 Sprechern und auf aussterbende Sprachen aufmerksam zu machen.     

Hintergrund 

Den Hintergrund des Internationalen Tages der Muttersprache bildet das Jahr 1952, in dem die damalige pakistanische Regierung beschloss, Urdu, das nur von 3% der Bevölkerung die Muttersprache war, zur alleinigen Amtssprache zu erheben. Bei Protesten gegen diesen Beschluss wurde am 21. Februar das Feuer auf Demonstranten eröffnet. Auf Antrag von Bangladesch wurde dieser Tag im Jahr 2000 zum Internationalen Tag der Muttersprache ernannt.

Alphamädchen oder Kukidentpartei?

Wahl zum österreichischen Wort des Jahres 2009  

Die Wahl zum österreichischen Wort des Jahres ist eröffnet und bis 9. Dezember kann auf der Homepage der Grazer Universität http://www-oedt.kfunigraz.ac.at/oewort/ jeder mitwählen.  

Zur Auswahl für das Wort des Jahres stehen „Alphamädchen“, "Audimaxismus", "Finanzkrise", "Kukidentpartei", "Kuschelkurs", "Problemguru", "Schweinegrippe", "Ungustlvermutung", "Virusferien" und "Zeitmillionär". Wie jedes Jahr hat man bereits bei der Shortlist zum Wort des Jahres eher das Gefühl, das Unwort zu wählen. 

Ebenfalls wählbar sind er Ausspruch und der Unspruch wie auch das Unwort des Jahres. Hier stehen Wörter wie „erweiterter Suizid“ (war 2006 bereits in der Schweiz Unwort des Jahres), „Asylertrotzer“, „freiwilliger Gehaltsverzicht“ oder „Herkunftskriminalität“ zur Auswahl.

Geschwurbel, Neufünfland und Oberburner

Online-Portal für Szenesprachen 

Die Duden-Redaktion nimmt sich der Szene- und Jugendsprache an und wird ihr im Herbst ein Wörterbuch widmen. Für diesen Zweck wurde eine Webseite (http://szenesprachenwiki.de) präsentiert, auf der Jugendliche die Möglichkeit haben, Begriffe aus ihrer Lebensrealität eintragen zu können. Um zu überprüfen, ob es sich bei einem Eintrag um eine Spaßkonstruktion oder einen häufiger verwendeten Begriff handelt, behelfen sich die Redakteure mit der Suchmaschine Google.  

Ein interessanter Aspekt der Webseite ist, dass hier jeder die Möglichkeit hat, seinen Lieblings-Neologismus einzutragen und somit sofort die Aufmerksamkeit der Duden-Redaktion genießt und vielleicht einen Beitrag zum gedruckten Wörterbuch leistet, das im September erscheint.  

Beispiele aus der Szenesprache 

Hier einige Beispiele von der Webseite: 

  • Das Präfix „ab-“ ist in der Szenesprache unglaublich produktiv: „abdancen“, „abflacken“, „abflaschen“, „abfratzen“, „abhorsten“, „abkumpeln“, „ablachsen“, „abloosen“, „abschimmeln“ usw.
  • Viele leicht veränderte Anglizismen werden auf der Webseite angeführt: „batteln“, „nailen“, „Hater“, „copypasten“, „bouncen“, „rushen“ usw.
  • Einige Kofferwörter sind ebenfalls zu finden: „Schwachfug“ (= Schwachsinn + Unfug), „Bankster“  (Banker + Gangster), „gruscheln“  (= grüßen + kuscheln), „chillaxen“  (= chillen + relaxen)
  • Intertainment: sich durch das Internet unterhalten lassen
  • rumoxidieren: untätig herumhängen
  • Biobreak: WC-Pause während einer Besprechung
  • Pennerkissen: längere Haare am Hinterkopf
  • beratungsresistent: dickköpfig, stur, eigensinnig und dumm in einer einzigartigen Mischung
  • Konterbier: Das Bier, das angeblich bei einem Kater den Normalzustand wieder herstellen soll.
  • Backup-Kind: jedes Kind, das nach dem ersten Kind gezeugt wird
  • beschlauen: sich mit einem Thema lernend näher befassen oder von jemandem belehrt werden.
  • merkresistent: beschreibt eine Person, die offensichtliche Zusammenhänge nicht begreift (auch: Merkresistenz, merkbefreit)
 

Englisch ist nun Wortmillionär

Von der Gewalt einer Sprache

Seit letzter Woche ist die englische Sprache Wortmillionär: „Web 2.0“ ist das millionste englische Wort, das der „Global Language Monitor“ verzeichnet hat. Um registriert zu werden, muss ein Begriff 25.000 Mal gedruckt oder online Verwendung finden. Das 999.999 Wort war „Jai Ho“ (ein freudiger Ausruf; aus dem Hindi entlehnt und durch den Film „Slumdog Millionaire“ bekannt geworden), was gleichzeitig die Erklärung dafür liefert, warum der englische Wortschatz so deutlich größer ist als der anderer Sprachen.

Fremdes nicht abweisen

„Die Gewalt einer Sprache ist nicht,
dass sie das Fremde abweist,
sondern dass sie es verschlingt.“

(Johann Wolfgang von Goethe)

Die englische Sprache hat sich dieses Konzept zu eigen gemacht: sie holt sich unbekümmert aus anderen Sprachen, was sie gerade braucht. Sprachpurismus oder Bewegungen, die die Sprache von allen fremden Elementen reinigen wollen, gibt es im englischen im Gegensatz zum französischen oder deutschen Sprachraum nicht.

Alle 98 Minuten ein neues Wort

Das hat zur Folge, dass der englische Wortschatz wächst und wächst: alle 98 Minuten kommt ein neues Wort zum Wortschatz dazu, das sind 14 neue Wörter pro Tag! Dabei kommen Sprecher – egal welcher Sprache – mit etwa 15.000 Wörtern in der alltäglichen Kommunikation aus.

Umfang eines Wortschatzes

Den Wortschatz einer Sprache zu zählen ist – und das muss an dieser Stelle unbedingt festgehalten werden – ein schwieriges Unterfangen und hängt von vielen Faktoren ab. Dabei steht die Definition von „Wort“ an oberster Stelle, denn eine einheitliche Festlegung gibt es nicht. Ein weiterer Faktor sind die Fachwortschätze und ob sie in die Zählung einbezogen werden oder nicht. Ein mächtiges Werkzeug zur Wortbildung im Deutschen sind zudem die Komposita, bei denen ebenfalls nicht klar ist, inwieweit sie in solcherlei Zählungen aufgenommen werden.

 

Starke Verben adieu?

zwitschern – tschurr zwi – zwigetschurn 

In neuhochdeutscher Zeit bleibt die Gruppe der starken Verben nicht nur unproduktiv – sie geht sogar zurück. So ist zu beobachten, dass ehemals starke Verben in die Klasse der schwachen Verben oder Mischverben übergehen (z.B. backen: backte für buk; saugen: saugte für sog; fragen: fragte für frug; melken: melkte für molk). Es besteht aber kein Grund zur Sorge, dass die starken Verben ganz verschwinden könnten, da sie zentrale Bereiche unseres Wortschatzes abdecken. Und nicht zuletzt wacht auch die „Gesellschaft zur Stärkung der Verben“ über ihren Bestand. 

Die Gesellschaft zur Stärkung der Verben Die Gesellschaft zur Stärkung der Verben versteht sich als „Anlaufstelle für schwache und geknochtene Verben aller Sprachen“ und stellt einen humorvollen Versuch dar, neue unregelmäßige Verben einzuführen. Der Kern ihrer Arbeit besteht darin, regelmäßige Verben kreativ zu stärken, wie die folgenden Beispiele demonstrieren sollen. 

Infinitiv – Präteritum – Partizip 
arbeiten – bitt ar – argebitten

baden – bud – gebaden

bügeln – bulg – gebulgen

donnern – durnn – gedurnnen

erklären – erklur – erkluren

hindern – harnd – gehornden

lächeln – lielch – gelilchen

melden – mald – gemolden

nähen – nand – genanden

nützen – nuß – genussen

parken – purk – gepurken

quasseln – quolß – gequolßen

tanzen – tunz - getunzen

umzingeln – umzalng – umzolngen

zwitschern – tschurr zwi – zwigetschurn
 

Tipps:
Werner  König: „dtv-Atlas Deutsche Sprache“;
Helmut Glück/Wolfgang Sauer: „Gegenwartsdeutsch“;

http://verben.texttheater.de

 

„Übelsetzung“ des Jahres 2008

„wenn Sie Buch“ 

Alljährlich vergibt der Österreichische Übersetzer- und Dolmetscherverband Universitas einen Preis für die schlechteste Übersetzung. 2008 wurde diese zweifelhafte Ehre „Eurolines“ auf Grund seiner unverständlichen Fahrpläne in Osteuropa zuteil. 

Überzeugende Argumente der Jury 

Hier einige überzeugende Argumente, warum Euroline den ersten Preis erringen konnte:

  • „Sitzplatzreservierung erforderlich“ wurde in der polnischen Version als „Siedzisko zastrzezenia wymagane“ übersetzt, was so viel bedeutet wie „Sitzfläche des Vorbehaltes erforderlich“.
  • Im ungarischen Fahrplan ist von „ha ön könyv“ die Rede (= „wenn Sie Buch“) – gemeint sind damit Ermäßigungen.
  • Ebenfalls im ungarischen Fahrplan trifft man auf „marktlich“, was „mittwochs“ bedeuten sollte. Die Tagesfahrt wird zum „Sonnenweg“ und die Übersetzung von „kein Bus“ ist zur Verwirrung aller „die Busse“.  

Der Übelsetzungspreis 

Der glückliche Gewinner des Übelsetzungspreises darf sich über eine Urkunde vom Verband und ein kostenloses Verzeichnis aller Übersetzer und Dolmetscher des Verbandes freuen. Gratulation! :-)

 

Lebensmensch, Krocha und Wachteleierkoalition

Österreich wählt ein Unwort zum Wort des Jahres 2008 

Das österreichische Wort des Jahres 2008 steht fest und das Ergebnis ist durchaus erstaunlich: Platz 1 belegt nämlich ausgerechnet das Wort, das in beiden Kategorien – sowohl als Wort als auch als Unwort des Jahres – angetreten ist: „Lebensmensch“. Es handelt sich dabei eigentlich um ein durch und durch positiv besetztes Wort und bezeichnet in seiner Grundbedeutung „den wichtigsten Menschen meines Lebens“.  

Bedeutungsambivalenz 

Seit das Wort im Zusammenhang mit dem Unfalltod des österreichischen FPÖ-Politikers Jörg Haider verwendet und überstrapaziert wurde, hinterlässt es einen herben Nachgeschmack und kann als Paradebeispiel eines plötzlichen Bedeutungswandels gelten. Obwohl die Jury befand, dass seine Bedeutungsambivalenz und sein hoher emotionaler Wert „Lebensmensch“ zum Wort des Jahres 2008 machte, ist ein Gebrauch des Wortes ohne seinen fragwürdigen Kontext nicht mehr möglich. Deshalb wurde es auch von einer nicht unerheblichen Anzahl von WählerInnen als Unwort des Jahres klassifiziert, wo es auch tatsächlich besser aufgehoben gewesen wäre.  

Die weiteren Platzierungen

Den zweiten Platz sicherte sich „Krocha“, ein neues österreichisches Wort, das eine städtische Jugendbewegung bezeichnet, die im letzten Jahr stark in Mode kam. Auf Platz drei landete ebenfalls eine Wortneuschöpfung, nämlich „Wachteleierkoalition“. Es wurde im Wahlkampf geschaffen, um die ökonomische Sinnhaftigkeit der Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel in Frage zu stellen, die zehn Ausnahmen auf sogenannte Luxuslebensmittel wie Wachteleier vorsah. 

Unwörter und Spruch des Jahres 2008

„Gewinnwarnung“ (Platz 1), „Heimatpartei“ (Platz 2) und „Kulturdelikt“ (Platz 3) sind die österreichischen Unwörter des Jahres. Die Fußball-Europameisterschaft im Juni hat in Österreich auch ihre sprachlichen Spuren hinterlassen. Der Spruch des Jahres 2008 stammt von Teamchef Josef Hickersberger und erklärt das schlechte Abschneiden der österreichischen Nationalmannschaft: „Wir haben unsere Stärken trainiert, deswegen war das Training heute nach 15 Minuten abgeschlossen.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, außer dass der Spruch für die Jury in bester literarischer Tradition der österreichischen Selbstironie steht.

Bildschirmgebräunt zur Gammelfleischparty

Das Jugendwort des Jahres 2008 

Der Jahreswechsel steht bevor und wie jedes Jahr werden zu diesem Anlass Jahresrückblicke präsentiert, Personen des Jahres gekürt und Bilanzen gezogen. Auch im sprachlichen Bereich werden jährlich neue Wettbewerbe und Preise  eingeführt und verschiedene Institutionen und Jurys küren Wörter, Unwörter und Sätze des Jahres. 

Jugendwort des Jahres 

Der Langenscheidt-Verlag rief in diesem Jahr die Wahl des Jugendwortes des Jahres ins Leben. Eine neunköpfige Jury entschied sich für die folgenden Sieger, die sich unter anderem gegen „Kalbfleisch-Knoppers“ (= Döner), „Heuchlerbesen“ (= Blumenstrauß) oder „Mietmaul“ (= Anwalt) durchsetzten:  

  • Platz 5: „Stockente“ als Bezeichnung für Nordic Walker
  • Platz 4: „Datenzäpfchen“ (= USB-Stick)
  • Platz 3: „unterhopft sein“ bezeichnet die Tatsache, dass man noch nicht betrunken genug ist und Lust auf mehr Bier hat
  • Platz 2: „Bildschirmbräune“ als Ausdruck für den blassen Teint von Büroangestellten und Computerfreaks
  • Platz 1: „Gammelfleischparty“: Das Jugendwort des Jahres 2008 bezeichnet Partys, die für Menschen über 30 Jahren veranstaltet werden. Die Jury betont den Ekelfaktor des Wortes, der gleichzeitig ein Aufmerksamkeitsmagnet ist. Außerdem habe der übersetzte Gegenstand den Spott der Jugendlichen verdient und durch ihre Ausgrenzung geradezu provoziert.

 

Das beste eingewanderte Wort 

Auch das beste eingewanderte Wort wurde 2008 gekürt: Auf Initiative des Goethe-Instituts und des Deutschen Sprachrats hin wurden 3.500 Vorschläge aus 42 Sprachen eingesandt. Der „Tollpatsch“ als Lehnwort aus dem Ungarischen setzte sich gegen seine Konkurrenten durch und gewann die Wahl.  

 

Liegt der Konjunktiv im Sterben?

Noch einmal Agonie 

„Noch haben wir […] diese „Möglichkeitsform“, den Konjunktiv, und können auf diese Weise unterscheiden zwischen dem, was wirklich ist, und dem, was geschehen könnte. Aber in hundert Jahren werden wir diesen Unterschied nicht mehr machen können, denn der Konjunktiv […] stirbt langsam aus.“ Diesen (zu frühen) Abgesang stimmte Ludwig Reiners 1943 in seiner „Stilkunst“ an. Mehr als die Hälfte der prognostizierten hundert Jahre sind schon vergangen und weder ein plötzliches Ableben noch ein langsames Siechtum unseres Konjunktivs ist zu befürchten.  

Veränderung statt Tod 

Stattdessen wandelt er sich in seiner Form und in seinen Funktionen. Häufiger als früher werden die Konjunktiv II-Formen mit „würde“ gebildet. Der Grund dafür liegt einerseits darin, dass diese Form ökonomischer (leichter zu bilden) ist und andererseits klingen Formen wie „beföhle, flöhe, bewöge, schmölze, verhülfe“ usw. recht antiquiert.  

Hochburgen des Konjunktivs 

Das derzeit wichtigste Anwendungsgebiet des Konjunktivs ist die Nachrichtensprache, die sich mit seiner Hilfe in der indirekten Rede vom Gesagten distanziert. Mit der Verwendung der Konjunktivformen soll eine Aussage nur wiedergegeben werden – eine Gewähr für ihre Richtigkeit ist nicht inklusive. Inwiefern Leser und Hörer die Signale bei Verwendung des Konjunktivs wahrnehmen, ist eine andere Frage.

 

Hitparade der deutschen Wörter

Eine Sprachstatistik 

Was ist das am häufigsten gebrauchte Wort der deutschen Sprache? In mühevoller Auszählarbeit hat Helmut Meier in den 1960er Jahren eine Liste der 207 häufigsten Wörter angelegt. Platz 207 geht dabei an „meiner“. Da eine vollständige Auflistung aber einen ermüdenden Effekt haben könnte, sollen hier nur die „häufigsten 10“ präsentiert werden: 

  • Platz 10: sie
  • Platz 9: von
  • Platz 8: nicht
  • Platz 7: das
  • Platz 6: den
  • Platz 5: zu
  • Platz 4: in
  • Platz 3: und
  • Platz 2: der
  • Platz 1: die

Verblüffend ist dabei vor allem, dass die 30 häufigsten Wörter 31,79% aller Wörter von Texten ausmachen (die 207 häufigsten sogar 54,35%!). Die Einsilber sind bei weitem die häufigsten Wörter und allgemein gilt die Regel: Je länger ein Wort, desto geringer seine Häufigkeit. Die häufigsten Substantive in dieser Auswertung sind „Zeit“, „Herr“, „Leben“ und „Jahre“, die häufigsten Verben „werden“, „sein“ und „haben“.

 

Von EMbargos und anderen ProblEMen

Noch einmal König Fußballs Wortschätze 

Das Wunderland Deutsch hat bereits einen Artikel zu den sprachlichen Aspekten des derzeitigen sportiven Großereignisses in Österreich und in der Schweiz veröffentlicht. Hier folgt der zweite. Allen fußballmüden Leserinnen und Lesern sei an dieser Stelle die folgende Homepage empfohlen, deren Aktion zur EM jeden Sprachliebhaber begeistern wird: EMbargo 2008 (www.fussball-muffel.ch).  

Denjenigen, die jetzt noch im Wunderland verblieben sind, soll eine Zusammenstellung von Redensarten rund um „problematische Ereignisse“ während des Fußballspiels präsentiert werden: 

  • ins Abseits geraten (gesellschaftlich abrutschen)
  • im Abseits stehen (nicht im Mittelpunkt des Geschehens sein; sich zurückgezogen haben)
  • sich ins Abseits stellen (sich außerhalb einer Gruppe stellen)
  • ein Eigentor schießen (einen Schaden selbst verursachen)
  • jdm. die gelbe Karte zeigen / die gelbe Karte bekommen (Verwarnung; ernstlicher Verweis)
  • jdm. die rote Karte zeigen / die rote Karte bekommen (das Ende einer Beziehung, Anstellung …)
  • auf der Reservebank sitzen ((noch) nicht zum Einsatz kommen)

 

König Fußball und seine Wortschätze

Der Beitrag des Wunderlands zur Euro 2008  

Die Fußball-Europameisterschaft ist seit Monaten allgegenwärtig, vor allem in Österreich und in der Schweiz. Das Wunderland Deutsch kümmert sich nicht so sehr um die sportlichen, sondern eher um die sprachlichen Aspekte dieses Großereignisses und präsentiert eine Zusammenstellung der Redensarten rund um das „Objekt der Begierde“, den Ball. 

  • am Ball sein (aktiv sein; Einfluss gewinnen)
  • den Ball zurückspielen (schlagfertig sein)
  • den Ball abgeben (Verantwortung/Amt ablegen)
  • den Ball an jemanden weiterspielen (jdn. zu einer Stellungnahme auffordern)
  • den Ball aufnehmen (das Wort ergreifen; einen Gedanken weiterführen)
  • den Ball flach halten (unnötiges Risiko vermeiden)
  • den Ball hin- und herschieben (sich vor Verantwortung drücken)
  • den Ball im Spiel halten (sich nicht ablenken lassen)
  • jdm. den Ball auflegen (jdm. die Möglichkeit bieten, ans Wort zu kommen)
  • sich gegenseitig die Bälle zuspielen (einander zu Vorteilen verhelfen)

Achtung Präsens!

Wie das Präsens immer mächtiger wird 

Die Tempusformen des Deutschen sind sehr flexibel und stimmen mit den ihnen zugewiesenen Zeitstufen (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) nicht immer überein: Die Verhältnisse sind bei weitem nicht so geordnet, wie die Termini Präteritum, Präsens, Futur usw. suggerieren. Die grammatischen Tempusformen sind mehrdeutig und entsprechen nicht sechs einfachen Zeitbedeutungen. Am deutlichsten zeigt sich dies beim heutigen Gebrauch des Präsens, das ein besonders großes Tätigkeitsfeld aufweist: 

10 Anwendungen des Präsens 

  1. Gegenwart: Sie liest ein Buch.
  2. Wiederholung: Sie kommt jeden Tag um sechs Uhr nach Hause.
  3. Zukunft (statt Futur I): Sie fährt morgen nach Frankfurt.
  4. Vermutung: Wahrscheinlich kommt sie zur Party.
  5. Dauer: Die Donau fließt ins Schwarze Meer.
  6. Allgemeingültigkeit: Geld ist ein wertvoller Rohstoff.
  7. Aufforderung (statt Imperativ): „Du kommst jetzt sofort her!“
  8. historisches Präsens: Am 14. Juli 1789 beginnt der Sturm auf die Bastille.
  9. registrierendes Präsens: 1543 – Kopernikus‘ Weltbild erscheint in gedruckter Form.
  10. In der Zukunft abgeschlossene Handlung: Sie kommt gleich wieder zurück.

Aus für das Futur I? 

Die Präsensformen untergraben v.a. den Wirkungsbereich des Futur I. In den meisten Fällen, in denen etwas Zukünftiges ausgedrückt werden soll, findet das Präsens samt Zeitangabe (morgen, nächste Woche, bald) Anwendung. Das Futur I wird deshalb nicht verschwinden. Es ist jedoch eine Entwicklung in Richtung modaler Bedeutung erkennbar (z.B. Sie wird später wohl die Bäckerei übernehmen).

Tempusse, Visas und Abstraktums

... Pluralbildung heute  

Die Pluralbildung im Deutschen ist kompliziert. Muttersprachler merken das üblicherweise nicht, außer wenn es sich um Fremdwörter handelt. Da wird es plötzlich zunehmend komplizierter und es tauchen Formen wie Modusse, Genusse, Internas oder Visas auf.

Die Schwierigkeiten bei der Pluralbildung von Fremdwörtern führen dazu – und das ist ein Beweis für die besondere Flexibilität unserer Sprache, dass Wörterbücher Doppelformen einführen und sowohl die Stammflexion (z.B. Globen; identisch mit der Pluralform der Ausgangssprache) als auch die Grundformflexion (z.B. Globusse; Eingliederung in ein Pluralparadigma des Deutschen) verzeichnen. 

Beispiele hierfür sind etwa:

  • Atlas – Atlanten/Atlasse
  • Espresso – Espressi/Espressos
  • Pizza – Pizze/Pizzen/Pizzas
  • Konto – Konti/Konten/Kontos
  • Komma – Kommas/Kommata usw.

Andere Fälle der Analogiebildung dagegen sind systemwidrig wie die oben erwähnten Genusse, Visas, Tempusse, Modusse, Astraktums usw.

Kein Grund zur Aufregung  

Oft wird Bedauern darüber ausgedrückt, dass der Plural von Fremdwörtern „falsch“, d.h. einem deutschen Paradigma entsprechend, gebildet wird. Dem muss mit Bedauern ob des Unwissens entgegengehalten werden, dass der Prozess der Aufnahme von Fremdwörtern und der Eindeutschung ihrer Pluralformen schon einige Zeit währt. Oder benützt heute noch jemand Praxeis (statt Praxen), Radii (statt Radien), Epē (statt Epen), Alba (statt Alben) oder Villae (statt Villen)? Eben.

Buchtipp: Helmut Glück/Wolfgang Sauer: „Gegenwartsdeutsch“

 

 

Klimakatastrophe, Bundestrojaner und Sterbetourismus

Wörter und Unwörter des Jahres 

Am Ende eines jeden Jahres werden Rückblicke und Bestandsaufnahmen verschiedenster Arten präsentiert. In diesem Rahmen wird auch der Sprachgebrauch der deutschsprachigen Länder analysiert und diverse Institutionen wählen die Wörter und Unwörter des Jahres. Die Jurys entscheiden sich für Wörter und Phrasen, die die öffentliche Diskussion des vergangenen Jahres besonders geprägt haben bzw. für wichtige Themen stehen.

Entscheidung für 2007

Die Gesellschaft für deutsche Sprache wählte „Klimakatastrophe“ zum deutschen Wort des Jahres. Das Unwort des Jahres, "Herdprämie", gab die Frankfurter Universität bekannt. Es setzte sich gegen die Begriffe "klimaneutral" (Platz 2) und "entartet" (Platz 3) durch. Die Universität Graz entschied sich für „Bundestrojaner“ als österreichisches Wort des Jahres. „Komasaufen“ setzte sich als Unwort des Jahres durch. Die Deutschschweiz kürte „Sterbetourismus“ als Wort und „Klimakompensation“ als Unwort des Jahres. Der ehemalige Vizekanzler von Österreich, Hubert Gorbach, steuerte unbeabsichtigt den österreichischen Satz des Jahres bei, indem sein Bewerbungsschreiben veröffentlicht wurde, in dem es heißt „The world in Vorarlberg is too small“. Peinlich für ihn, aber wohl wahr!

Höhepunkte der letzten zehn Jahre

  • Deutschland: „Reformstau“ (1997) und „Fanmeile“ (2006) als Wörter des Jahres; „freiwillige Ausreise“ (2006), „Entlassungsproduktivität“ (2005) und „sozialverträgliches Frühableben“ (1998) als Unwörter des Jahres.
  • Österreich: „Penthouse-Sozialismus“ (2006) und „Nulldefizit“ (2001) als Wörter des Jahres; „nichtaufenthaltsverfestigt“ (2001) und (immer wieder aktuell!) „Bubendummheiten“ (2004) als Unwörter des Jahres.
  • Schweiz: „Aldisierung“ (2005) als Wort des Jahres; „erweiterter Selbstmord“ (2006) und „Ökoterror“ (2004) als (ganz unglaubliche) Unwörter des Jahres.

 

Ist der Dativ dem Genitiv sein Tod?

Ein Totgesagter meldet sich zurück

Bastian Sick ist in seiner Funktion als Sprachnörgler nicht der erste, der den Rückgang des Genitivs verkündet. Ludwig Reiners rief bereits Anfang der 1960er Jahre dazu auf, dem Genitiv ein sprachökologisches Biotop einzurichten („Rettet den Genitiv!“) und seitdem vernimmt man immer wieder Klagen über den Verlust des Genitivs.

Steht es um den Genitiv tatsächlich so schlecht?

Nein. Er ist wohl eher eines der prominentesten Vorzeigeobjekte (neben Konjunktiv und Anglizismen) "radikaler" Sprachverfallsgruppierungen. Bei undifferenzierter Betrachtung kann durchaus der Eindruck entstehen, dass der Genitiv zurückgeht. Wenn man aber alle Funktionen des Genitivs im Blick behält, ergibt sich folgendes Bild:

  • Zunahme des Genitivs im Nominalstil: Genitivkonstruktionen erleben derzeit im Nominalstil eine Hochkonjunktur. Wenn viel Information in komprimierter Form geboten werden soll, wird sehr häufig auf den Genitiv zurückgegriffen (z.B. „die Ursachen des Unfalls der Reisegruppe“, „die Notwendigkeit der Veränderung des Titels der Dissertation“ usw.)
  • Gleichbleibende Verwendung des Genitivs: Feste Wendungen mit dem Genitiv (z.B. sich eines Besseren besinnen, seines Amtes walten, jeder Beschreibung spotten usw.) halten sich genauso im Sprachgebrauch wie genitivische Adverbialbestimmungen (z.B. eines Tages, eines Morgens, unverrichteter Dinge usw.).
  • Abnahme des Objektgenitivs: Die Zahl der Verben, die als einzige Ergänzung ein Genitivobjekt fordern (z.B. bedürfen, erinnern, gedenken, sich rühmen, sich vergewissern, harren, sich annehmen usw.) nimmt nicht erst jetzt, sondern seit Jahrhunderten ab.

Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass der Genitiv zwar Terrain an Präpositional- und Dativobjekte verliert, auf der anderen Seite aber starke Zunahmen in Substantivgruppen verzeichnet.

Buchtipps: Werner König: „dtv-Atlas Deutsche Sprache“; Peter Braun: „Tendenzen in der deutschen Gegenwartssprache“; Helmut Glück/Wolfgang Sauer: „Gegenwartsdeutsch“

Deutsch, wie geht es dir?

Von den Befindlichkeiten unserer Sprache 

Unsere Sprache ist in stetem Wandel begriffen. Sie verändert sich in jedem Moment und das, seit Menschen sie verwenden. Wenn Sprachwandel wahrgenommen wird, ist sehr häufig von Sprachverfall die Rede, weil die Veränderungen negativ bewertet werden.

In der neuen Rubrik „Deutsch, wie geht es dir?“ soll die Frage nach dem Sprachwandel und nach den Befindlichkeiten der deutschen Sprache gestellt werden. In regelmäßigen Abständen werden Artikel zu den Tendenzen der Gegenwartssprache erscheinen, die – um in der Metapher zu bleiben – (vermeintliche) Krankheiten, Geschwüre, Vernarbungen, Heilmittel und Erholungsprozesse unserer Sprache behandeln.