Wenn Sprachen sterben

Von Sprachtod und Linguizid 

Jeder kennt die „berühmtesten“ toten Sprachen Latein und Altgriechisch. Die deutsche Sprache zählt – obwohl manche Deutschlerner derselben Ansicht wie Mark Twain sein mögen, dass „man sie sanft und ehrerbietig bei den toten Sprachen absetzen [müsste], denn nur die Toten haben die Zeit, sie zu lernen“ – natürlich nicht dazu, denn sie hat fast 100 Millionen Muttersprachler, die sie aktiv gebrauchen.

Sprachtod tritt dann ein, wenn eine Sprache keine Muttersprachler mehr hat. Ab diesem Zeitpunkt hört sie auf, sich natürlich weiterzuentwickeln und wird starr. Nachdem eine Sprache gestorben ist, muss das nicht bedeuten, dass sie nicht mehr verstanden wird. Im Falle der oben erwähnten Sprachen (Latein und Altgriechisch) gibt es sogar viele Menschen, die sie verstehen. Da aber niemand sie als Muttersprache spricht, gelten sie trotzdem als tot. 

Reinkarnation von Sprachen 

Beim Tod von Sprachen unterscheidet man zwischen zwei Arten:

  1. Die tote Sprache lebt in aus ihr entstandenen Sprachen weiter, wie es bei Latein der Fall ist, das in den romanischen Sprachen weiter existiert.
  2. Die Sprache stirbt ohne „Erben“, d.h. ohne Sprachen, die aus ihr entstanden wären. 

Mord oder natürlicher Tod? 

Ein natürlicher Sprachtod vollzieht sich über einen langen Zeitraum und ohne fördernde Maßnahmen. Im Gegensatz dazu steht der „Sprachmord“ (Linguizid), bei dem, wie es der Begriff impliziert, die Sprache nicht auf natürlichem Weg verschwindet. Hierfür gibt es einige „bewährte“ Methoden, wie die Geschichte zeigt, die vor allem nach Eroberungen und Machtwechsel angewendet wurden:

  • Erklärung einer anderen Sprache zur ersten Amtssprache
  • Förderung der Einwanderung in eroberte bzw. übernommene Gebiete, um die Muttersprachler zur Minderheit im eigenen Land zu machen
  • institutionalisierte Trennung der Kinder von ihren Eltern, um sie anderssprachig zu erziehen
  • Zurückdrängung des Gebrauchs der einheimischen Sprache

 

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