Faszinierende rhetorische Figuren

„Ich heiße Barbara und Sie herzlich im Wunderland Deutsch willkommen.“ 

„Erst ging ihm das Schuhband und dann ein Licht auf.“ – „Der König sagte: ‚Entweder schlage ich dir diesen Wunsch oder gleich deinen Kopf ab.‘“ – „Ich brachte mein Gepäck ins Abteil und mein Erstaunen zum Ausdruck.“ – „Zuerst schlug er ihm ins Gesicht und dann den falschen Weg ein.“ 

Zeugmata im traditionellen und modernen Sinn 

Das sind Zeugmata (griech. zeugma = „Joch“, „das Zusammengespannte“) und somit faszinierende rhetorische Figuren. Im traditionellen Sinn verwendet man die Wortfigur so, dass das gemeinsame Verb in Satzverbindungen nur einmal gesetzt wird (z. B. „Die Begierde besiegte die Scham, die Verwegenheit die Furcht, der Wahnwitz die Vernunft.“).

Moderne Zeugmata haben eine leichte Wandlung durchgemacht: sie sind unlogische, oft sprachwidrige Verbindungen von zwei oder mehreren Ausdrücken durch Einsparung eines logisch notwendigen Satzgliedes (meist eines Verbs). Idealer Ausgangspunkt für ein Zeugma ist ein mehrdeutiges Verb, das in den verschiedenen Ausdrücken, die man verknüpfen möchte, unterschiedliche Bedeutungen hat. Meist enthält die rhetorische Figur zwei Substantive, die auf ironische oder satirische Weise durch ein Verb verbunden sind, das in einem Fall konkrete und im anderen Fall übertragene Bedeutung hat.  

Anleitung zum Erstellen eines Zeugmas 

  1. Man überlege sich ein Verb, das entweder alleine oder in zusammengesetzten Verben auftreten kann (z.B. „heißen“/„willkommen heißen“); oder ein Verb, das mit verschiedenen trennbaren Vorsilben auftritt (z.B. „losgehen“, „heimgehen“ …); oder ein Verb, das unterschiedliche Bedeutungen hat (z.B. „aufgehen“: Schuhband, Licht).
  2. Man finde mindestens zwei passende Substantive für das Verb.
  3. Man formuliere einen Satz und achte darauf, das Verb nur einmal zu setzen.
  4. Man stelle das so entstandene Zeugma im Wunderland Deutsch online, damit sich auch andere an der Sprachspielerei erfreuen können.  

 

Weitere Beispiele für Zeugmata 

  • „Ich fror vor mich hin, denn nicht nur meine Mutter, auch der Ofen war ausgegangen.“ (H. Erhardt)
  • „Ich habe Pappbecher und den Nachmittag frei.“ (U. Eco)
  • „Er hob den Blick und ein Bein gen Himmel.“ (L. Sterne)
  • „Ich gehe aus, Baptist! Vor allem davon, dass Sie mir auf meine Talerchen achten!“ (Dagobert Duck)

 

Die Tragödie des Werwolfs

Wie die Deklination ein Familienglück zerstörte 

Werwölfe mag man nicht. Vor Werwölfen hat man Angst, man gruselt sich vor ihnen. Und niemals hat man Mitleid mit Werwölfen, wenn sie getrieben, gejagt und getötet werden.Was aber Christian Morgenstern seinen Werwolf in einem Gedicht erleben lässt, rührt fast zu Tränen.  

Der Werwolf  

Ein Werwolf eines Nachts entwich
von Weib und Kind und sich begab
an eines Dorfschullehrers Grab
und bat ihn: "Bitte beuge mich!"

Der Dorfschullehrer stieg hinauf
auf seines Blechschilds Messingknauf
und sprach zum Wolf, der seine Pfoten
geduldig kreuzte vor dem Toten:

"Der Werwolf", sprach der gute Mann,
"des Weswolfs, Genitiv sodann,
dem Wemwolf, Dativ, wie man's nennt,
den Wenwolf, - damit hat's ein End."
 

Dem Werwolf schmeichelten die Fälle.
Er rollte seine Augenbälle.
"Indessen", bat er, "füge doch
zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!"

Der Dorfschulmeister aber musste
gestehn, dass er von ihr nichts wusste.
Zwar Wölfe gäb's in großer Schar,
doch "Wer" gäb's nur im Singular.

Der Wolf erhob sich tränenblind -
er hatte ja doch Weib und Kind!!
Doch da er kein Gelehrter eben,
so schied er dankend und ergeben.

(Christian Morgenstern)

 

Januar / Jänner

Der Monat mit zwei Gesichtern

 

Das neue Jahr hat begonnen und mit ihm ein etymologisch sehr interessanter Monat: der Januar bzw. Jänner (letzterer Name ist im süddeutschen Raum gebräuchlich). Der Januar bekam seinen Namen, nachdem der Jahresanfang um zwei Monate vorverlegt worden war (vor der Kalenderreform hatte das Jahr am 1. März begonnen). Der ideale Namensgeber schien den Römern der zweigesichtige Gott Janus zu sein, der Gott der Türen, des Ein- und Ausgangs, übertragen des Anfangs und des Endes. Der Name steht also für das Ende des alten und den Anfang des neuen Jahres: ein Gesicht des Gottes Janus blickt in das alte und das andere in das neue Jahr.

„Januar“ ist entlehnt von lat. „(mensis) Ianuarius“ und bis ins 18. Jahrhundert war der Name samt der lateinischen Endung gebräuchlich. Erst ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte sich der endungslose Monatsname durch.

Alte deutsche Bezeichnungen für den ersten Monat des Jahres sind Wintermonat, Hartung, Schneemonat, Wolfsmonat und Eismonat.

... die Flammenschrift an der Wand ...

Menetekel – Vorzeichen drohenden Unheils 

„Ein Menetekel aufrichten“ – eine unheilsträchtige Redensart, die Blut gefrieren lässt und kalte Schauer über den Rücken jagt: Als Menetekel wird eine unheilverkündende Warnung, ein Mahnruf, bezeichnet.  

König Belsazar 

Die Herkunft des Wortes begründet seinen unheimlichen Charakter. Es stammt aus dem Buch Daniel des Alten Testaments, in dem ein Gastmahl des babylonischen Königs Belsazar geschildert wird. Während des Gelages erscheint eine geisterhafte Schrift auf einer Wand des Festsaales: „mene, mene tequel ufarsin“. Der König lässt seine Schriftgelehrten holen, die den Text aber nicht übersetzen können. Erst der Prophet Daniel deutet den Text als Zeichen des nahenden Unterganges des babylonischen Reiches: „Er (Gott) hat (dein Reich) gezählt ... gewogen ... zerteilt.“ In derselben Nacht wird Belsazar ermordet und das Reich den Medern und Persern übergeben. 

Heinrich Heines „Belsazar“ 

Heinrich Heine widmet dieser Begebenheit im alten Babylon seine Ballade „Belsazar“. Hier der Auszug, in dem das Menetekel an der Wand erscheint: 

„Das gellende Lachen verstummte zumal;
Es wurde leichenstill im Saal.
Und sieh! Und sieh! An weißer Wand
Da kam’s hervor wie Menschenhand;
Und schrieb, und schrieb an weißer Wand
Buchstaben von Feuer, und schrieb und schwand.
...
Die Magier kamen, doch keiner verstand
zu deuten die Flammenschrift an der Wand.
Belsazar ward aber in selbiger Nacht
Von seinen Knechten umgebracht."

„Übelsetzung“ des Jahres 2008

„wenn Sie Buch“ 

Alljährlich vergibt der Österreichische Übersetzer- und Dolmetscherverband Universitas einen Preis für die schlechteste Übersetzung. 2008 wurde diese zweifelhafte Ehre „Eurolines“ auf Grund seiner unverständlichen Fahrpläne in Osteuropa zuteil. 

Überzeugende Argumente der Jury 

Hier einige überzeugende Argumente, warum Euroline den ersten Preis erringen konnte:

  • „Sitzplatzreservierung erforderlich“ wurde in der polnischen Version als „Siedzisko zastrzezenia wymagane“ übersetzt, was so viel bedeutet wie „Sitzfläche des Vorbehaltes erforderlich“.
  • Im ungarischen Fahrplan ist von „ha ön könyv“ die Rede (= „wenn Sie Buch“) – gemeint sind damit Ermäßigungen.
  • Ebenfalls im ungarischen Fahrplan trifft man auf „marktlich“, was „mittwochs“ bedeuten sollte. Die Tagesfahrt wird zum „Sonnenweg“ und die Übersetzung von „kein Bus“ ist zur Verwirrung aller „die Busse“.  

Der Übelsetzungspreis 

Der glückliche Gewinner des Übelsetzungspreises darf sich über eine Urkunde vom Verband und ein kostenloses Verzeichnis aller Übersetzer und Dolmetscher des Verbandes freuen. Gratulation! :-)

 

Dezember

Der vierte absurde Monatsname 

Ebenso wie die drei vorangehenden Monatsnamen stellt der Name unseres zwölften Monats eine kleine Absurdität dar: Wörtlich aus dem Lateinischen übersetzt („mensis december“) bedeutet „Dezember“ „der zehnte Monat“.

Für diese Bezeichnung gab man zahlreiche treffendere Namen auf: Im Althochdeutschen war „heiligmanod“ („Heiligmonat“) gebräuchlich, das im 15. Jahrhundert durch „Christmonat“ (Bezug nehmend auf das Christfest (Weihnachten)) verdrängt wurde. Andere ältere Bezeichnungen für den heutigen Dezember waren „Winter-, Hart-, Schlacht-, oder Wolfmonat“.

 

Lebensmensch, Krocha und Wachteleierkoalition

Österreich wählt ein Unwort zum Wort des Jahres 2008 

Das österreichische Wort des Jahres 2008 steht fest und das Ergebnis ist durchaus erstaunlich: Platz 1 belegt nämlich ausgerechnet das Wort, das in beiden Kategorien – sowohl als Wort als auch als Unwort des Jahres – angetreten ist: „Lebensmensch“. Es handelt sich dabei eigentlich um ein durch und durch positiv besetztes Wort und bezeichnet in seiner Grundbedeutung „den wichtigsten Menschen meines Lebens“.  

Bedeutungsambivalenz 

Seit das Wort im Zusammenhang mit dem Unfalltod des österreichischen FPÖ-Politikers Jörg Haider verwendet und überstrapaziert wurde, hinterlässt es einen herben Nachgeschmack und kann als Paradebeispiel eines plötzlichen Bedeutungswandels gelten. Obwohl die Jury befand, dass seine Bedeutungsambivalenz und sein hoher emotionaler Wert „Lebensmensch“ zum Wort des Jahres 2008 machte, ist ein Gebrauch des Wortes ohne seinen fragwürdigen Kontext nicht mehr möglich. Deshalb wurde es auch von einer nicht unerheblichen Anzahl von WählerInnen als Unwort des Jahres klassifiziert, wo es auch tatsächlich besser aufgehoben gewesen wäre.  

Die weiteren Platzierungen

Den zweiten Platz sicherte sich „Krocha“, ein neues österreichisches Wort, das eine städtische Jugendbewegung bezeichnet, die im letzten Jahr stark in Mode kam. Auf Platz drei landete ebenfalls eine Wortneuschöpfung, nämlich „Wachteleierkoalition“. Es wurde im Wahlkampf geschaffen, um die ökonomische Sinnhaftigkeit der Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel in Frage zu stellen, die zehn Ausnahmen auf sogenannte Luxuslebensmittel wie Wachteleier vorsah. 

Unwörter und Spruch des Jahres 2008

„Gewinnwarnung“ (Platz 1), „Heimatpartei“ (Platz 2) und „Kulturdelikt“ (Platz 3) sind die österreichischen Unwörter des Jahres. Die Fußball-Europameisterschaft im Juni hat in Österreich auch ihre sprachlichen Spuren hinterlassen. Der Spruch des Jahres 2008 stammt von Teamchef Josef Hickersberger und erklärt das schlechte Abschneiden der österreichischen Nationalmannschaft: „Wir haben unsere Stärken trainiert, deswegen war das Training heute nach 15 Minuten abgeschlossen.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, außer dass der Spruch für die Jury in bester literarischer Tradition der österreichischen Selbstironie steht.

Bildschirmgebräunt zur Gammelfleischparty

Das Jugendwort des Jahres 2008 

Der Jahreswechsel steht bevor und wie jedes Jahr werden zu diesem Anlass Jahresrückblicke präsentiert, Personen des Jahres gekürt und Bilanzen gezogen. Auch im sprachlichen Bereich werden jährlich neue Wettbewerbe und Preise  eingeführt und verschiedene Institutionen und Jurys küren Wörter, Unwörter und Sätze des Jahres. 

Jugendwort des Jahres 

Der Langenscheidt-Verlag rief in diesem Jahr die Wahl des Jugendwortes des Jahres ins Leben. Eine neunköpfige Jury entschied sich für die folgenden Sieger, die sich unter anderem gegen „Kalbfleisch-Knoppers“ (= Döner), „Heuchlerbesen“ (= Blumenstrauß) oder „Mietmaul“ (= Anwalt) durchsetzten:  

  • Platz 5: „Stockente“ als Bezeichnung für Nordic Walker
  • Platz 4: „Datenzäpfchen“ (= USB-Stick)
  • Platz 3: „unterhopft sein“ bezeichnet die Tatsache, dass man noch nicht betrunken genug ist und Lust auf mehr Bier hat
  • Platz 2: „Bildschirmbräune“ als Ausdruck für den blassen Teint von Büroangestellten und Computerfreaks
  • Platz 1: „Gammelfleischparty“: Das Jugendwort des Jahres 2008 bezeichnet Partys, die für Menschen über 30 Jahren veranstaltet werden. Die Jury betont den Ekelfaktor des Wortes, der gleichzeitig ein Aufmerksamkeitsmagnet ist. Außerdem habe der übersetzte Gegenstand den Spott der Jugendlichen verdient und durch ihre Ausgrenzung geradezu provoziert.

 

Das beste eingewanderte Wort 

Auch das beste eingewanderte Wort wurde 2008 gekürt: Auf Initiative des Goethe-Instituts und des Deutschen Sprachrats hin wurden 3.500 Vorschläge aus 42 Sprachen eingesandt. Der „Tollpatsch“ als Lehnwort aus dem Ungarischen setzte sich gegen seine Konkurrenten durch und gewann die Wahl.  

 

Von Iso- und Pangrammen

„Fix Schwyz!“ und Heizölrückstoßabdämpfung 

Ein Pangramm ist ein Satz, der jeden Buchstaben des Alphabets enthält, wobei echte Pangramme jeden Buchstaben genau einmal enthalten. Mit lateinischen Buchstaben funktioniert das jedoch nicht und man muss die Buchstaben zum Teil doppelt verwenden. Ein berühmtes deutsches Pangramm ist „Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern“. Da dieses Pangramm aber keine Umlaute und das scharfe ß nicht berücksichtigt, bietet „Zwölf Boxkämpfer jagen Viktor quer über den großen Sylter Deich“ eine Alternative. 

Weitere Pangramme 

  • „Sylvia wagt quick den Jux bei Pforzheim.“
  • „Polyfon zwitschernd aßen Mäxchens Vögel Rüben, Joghurt und Quark.“
  • „‘Fix Schwyz!‘, quäkt Jürgen blöd vom Paß.“

Isogramme 

Isogramme dagegen bezeichnen ein Wort, in dem alle verwendeten Buchstaben gleich oft vorkommen. Das Phantasie-Isogramm „Heizölrückstoßabdämpfung“ mit 24 Buchstaben ist wohl das längste seiner Art. Das längste deutsche Isogramm, das tatsächlich verwendet wird und im Duden steht, ist „Dialektforschung“ (16 Buchstaben), gefolgt von „unproblematisch“, „Zwischenprodukt“, „Bildungsprojekt“ und „Komplizenschaft“.

 

Schönen Advent!

Ein Adventskalender im Wunderland

Das Wunderland Deutsch wünscht Ihnen mit diesem literarischen Adventskalender eine schöne Vorweihnachtszeit! Jeden Tag bis Weihnachten öffnet sich für Sie ein Türchen mit einem Gedicht oder Zitat zur (deutschen) Sprache oder zur Weihnachtszeit. Und mehr wird nicht verraten – nun heißt es Geduld haben!

Viel Freude mit unserem Adventskalender! 

http://www.wunderland-deutsch.com/advent2008/default.aspx

 

November

Warum unser 11. Monat „neunter Monat“ heißt 

Wie schon die Monatsnamen „September“ und „Oktober“ hat der Name unseres elfen Monats das Potenzial, Verwirrung zu stiften. Denn obwohl er den elften Monat bezeichnet, heißt er „November“, was aus einer Ableitung von lat. „novem“ – neun – hervorgegangen ist. Demnach heißt unser elfter Monat also „neunter Monat“. Das hängt – wie bereits bei den anderen beiden Monatsnamen erwähnt – mit der römischen Kalenderreform zusammen, die kurzerhand den Jahresbeginn um zwei Monate vorverlegte. 

Alles in allem hätte man sich im 10. Jahrhundert wohl besser überlegen sollen, ob man den schönen Namen „Herbstmonat“ gegen „November“ eintauscht.

Liegt der Konjunktiv im Sterben?

Noch einmal Agonie 

„Noch haben wir […] diese „Möglichkeitsform“, den Konjunktiv, und können auf diese Weise unterscheiden zwischen dem, was wirklich ist, und dem, was geschehen könnte. Aber in hundert Jahren werden wir diesen Unterschied nicht mehr machen können, denn der Konjunktiv […] stirbt langsam aus.“ Diesen (zu frühen) Abgesang stimmte Ludwig Reiners 1943 in seiner „Stilkunst“ an. Mehr als die Hälfte der prognostizierten hundert Jahre sind schon vergangen und weder ein plötzliches Ableben noch ein langsames Siechtum unseres Konjunktivs ist zu befürchten.  

Veränderung statt Tod 

Stattdessen wandelt er sich in seiner Form und in seinen Funktionen. Häufiger als früher werden die Konjunktiv II-Formen mit „würde“ gebildet. Der Grund dafür liegt einerseits darin, dass diese Form ökonomischer (leichter zu bilden) ist und andererseits klingen Formen wie „beföhle, flöhe, bewöge, schmölze, verhülfe“ usw. recht antiquiert.  

Hochburgen des Konjunktivs 

Das derzeit wichtigste Anwendungsgebiet des Konjunktivs ist die Nachrichtensprache, die sich mit seiner Hilfe in der indirekten Rede vom Gesagten distanziert. Mit der Verwendung der Konjunktivformen soll eine Aussage nur wiedergegeben werden – eine Gewähr für ihre Richtigkeit ist nicht inklusive. Inwiefern Leser und Hörer die Signale bei Verwendung des Konjunktivs wahrnehmen, ist eine andere Frage.

 

Der Junge, die Rübe und das Mädchen

Probleme mit dem Artikel 

Letzthin wurde ich erbost gefragt: „Sag mal, wieso heißt es eigentlich der Junge, aber das Mädchen? Da passt doch was nicht!“ Es ist richtig: Da passt was nicht und zwar stimmt das natürliche Geschlecht nicht mit dem grammatischen überein. Es gibt eine etymologische Erklärung dafür (aber „fairer“ wird es dadurch nicht): „Mädchen“ entstammt dem Diminutiv (= Verkleinerungsform eines Substantivs) von „Magd“ (im Ausdruck „Mädchen für alles“ ist diese Herkunft noch bemerkbar). Diminutive haben generell sächliche Artikel (das ist eine der wenigen Fixen Regeln im deutschen Genussystem) und somit heißt es auch das Mädchen.  

Mark Twain, der immer für ein erfrischendes Zitat gut ist, wenn es um Besonderheiten der deutschen Sprache geht, sieht die Spitzfindig- und Ungerechtigkeiten unseres Genussystems folgendermaßen: „Jedes Substantiv hat ein Geschlecht und in dessen Verteilung liegt kein Sinn und kein System. […] Im Deutschen hat ein Fräulein kein Geschlecht, während eine weiße Rübe eines hat. Man denke nur, auf welche übertriebene Verehrung der Rübe das deutet und auf welche dickfellige Respektlosigkeit dem Fräulein gegenüber. […] Ich übersetze das aus einer Unterhaltung in einem der besten deutschen Sonntagsschulbücher: Gretchen: ‚Wilhelm, wo ist die Rübe?‘ – Wilhelm: ‚Sie ist in die Küche gekommen.‘ – Gretchen: ‚Wo ist das gebildete und schöne englische Mädchen?‘ – Wilhelm: ‚Es ist in die Oper gegangen.‘“  

(aus: Mark Twain „Die schreckliche deutsche Sprache“)

 

Schreibhals

Wie aus dem Schreihals etwas anderes wurde 

Das sehr kreative Kofferwort „Schreibhals“ wurde auf einem Plakat des Komikerduos „Ohne Rolf“ in Zürich gesichtet. Zudem ist das fast neunminütige Video mit einem Ausschnitt aus ihrem aktuellen Programm, das mit einigen Sprachspielereien gespickt ist, sehr empfehlenswert: http://www.youtube.com/watch?v=Lm4tVaP18j4

Viel Spaß damit!

Oktober

Er hätte auch „Domitianus“ heißen können … 

Da der Oktober im altrömischen Kalender der achte Monat war, blieb der Name (lat. „octo“ = „acht“) auch nach der Kalenderreform für den nunmehrigen zehnten Monat erhalten. Für kurze Zeit benannte der Kaiser Domitian den zehnten Monat in „Domitianus“ um, was sich zum Glück nicht durchsetzte.

Im Althochdeutschen hieß der Monat „windumemanoth“, „Weinlesemonat“, was auf den Beginn der Weinlese hinweist. Ein anderer deutscher Name war „Gilbhart“, mit dem das Vergilben des Laubes gemeint war.

Andere Namen für den zehnten Monat: Weinlesemonat, Weinmonat, Dachsmonat

 

Hitparade der deutschen Wörter

Eine Sprachstatistik 

Was ist das am häufigsten gebrauchte Wort der deutschen Sprache? In mühevoller Auszählarbeit hat Helmut Meier in den 1960er Jahren eine Liste der 207 häufigsten Wörter angelegt. Platz 207 geht dabei an „meiner“. Da eine vollständige Auflistung aber einen ermüdenden Effekt haben könnte, sollen hier nur die „häufigsten 10“ präsentiert werden: 

  • Platz 10: sie
  • Platz 9: von
  • Platz 8: nicht
  • Platz 7: das
  • Platz 6: den
  • Platz 5: zu
  • Platz 4: in
  • Platz 3: und
  • Platz 2: der
  • Platz 1: die

Verblüffend ist dabei vor allem, dass die 30 häufigsten Wörter 31,79% aller Wörter von Texten ausmachen (die 207 häufigsten sogar 54,35%!). Die Einsilber sind bei weitem die häufigsten Wörter und allgemein gilt die Regel: Je länger ein Wort, desto geringer seine Häufigkeit. Die häufigsten Substantive in dieser Auswertung sind „Zeit“, „Herr“, „Leben“ und „Jahre“, die häufigsten Verben „werden“, „sein“ und „haben“.

 

September

Kaiser Tiberius sei Dank! 

Als der römische Senat dem Nachfolger von Augustus, Kaiser Tiberius, anbot, ihm wie zuvor Cäsar und Augustus einen Monat im Jahr zu widmen, lehnte dieser dankend mit der Frage ab, was dann mit dem 13. Cäsar sei. Seine Nachfolger teilten seine Bescheidenheit nicht und so erlebte der Monat während der römischen Kaiserzeit Umbenennungen in „Germanicus“, „Antoninus“, „Tacitus“ und „Herculeus“, die sich allesamt nicht als besonders beständig herausstellten.

 

Deshalb heißt unser neunter Monat „September“, was von lat. „septem“ = „sieben“ stammt und somit eine sprachliche Kuriosität darstellt (genauso wie die bis zum Jahresende folgenden Monate). Die Erklärung liegt in der Kalenderreform von 153 v. Chr., als der Jahresbeginn um zwei Monate vorverlegt wurde.

Der Begriff „September“ verdrängte im Laufe der Zeit die im deutschsprachigen Raum üblichen Monatsnamen „Holzmonat“ (ahd. „witumanot“) und „Herbstmonat“ (mhd. „herbistmanot“). 

Andere Namen für den neunten Monat: Scheiding, Herbstmond, Herbsting, Holzmonat, Engelmonat

August

Ein Monatsname für den Kaiser  

Ursprünglich war der August im römischen Kalender der sechste Monat des Jahres und hieß dementsprechend „Sextilis“ (lat. sex = sechs). Zu Ehren von Kaiser Oktavian, dessen Beiname Augustus war, wurde der Monatsname geändert und hieß fortan „August“. „Augustus“ kann als „der Heilige“, „der Erhabene“, „der Erlauchte“ übersetzt werden.

Es gibt zwar den ahd. Ausdruck „ougusto“ und das mhd. Wort „ougest“, durchgesetzt hat sich „August“ gegen den deutschen Begriff „Erntemonat“ aber erst im 16. Jahrhundert. Andere Namen für den achten Monat: Erntemonat, Ährenmonat, Sichelmonat, Ernting

Verben mit unentschlossenen Partnern

Sie trennt sich, sie trennt sich nicht 

Eines der spitzfindigsten Themen der deutschen Grammatik ist jene Gruppe von Verben, die  trennbar und zugleich untrennbar sind. „Umfahren“ ist ein solches Verb und gleich wie die anderen Verben dieser Gruppe verfügt es je nach (Un-)Trennbarkeit über verschiedene Bedeutungen: Wird es untrennbar gebraucht („ich umfahre etwas“) bedeutet es, dass man um etwas außen herumfährt. In der trennbaren Variante („ich fahre etwas um“) bringt man mit seinem Fahrzeug etwas zu Fall. Das ist sprachlich ein kleiner, inhaltlich jedoch ein immenser Unterschied, vor allem wenn man das für die Beispielphrasen gebrauchte „etwas“ durch konkretere Objekte ersetzt. Ein weiteres Beispiel ist „durchschauen“. Die trennbare Variante („Er schaut durch den Spalt.“) wird im konkreten Sinn gebraucht, die untrennbare („Er durchschaut seinen Kollegen.“) im übertragenen Sinn.  

Allgemein gibt es sechs Vorsilben, die sich in Verbindung mit Verben unentschlossen zeigen: durch-, über-, um-, unter-, wider- und wieder-. Bei den trennbaren Formen liegt die Betonung auf der Vorsilbe und die ursprüngliche Bedeutung der Präposition (= Vorsilbe) bleibt weitgehend erhalten (‘untertauchen, ‘umwerfen). Die untrennbaren Varianten verlangen eine Betonung des Verbstamms und werden meist im übertragenen Sinn verwendet (z.B. unter’brechen, unter’suchen).

 

Juli

Als der fünfte Monat plötzlich zum siebten wurde 

Im altrömischen Kalender begann das Jahr am 1. März. Demnach war der Juli der fünfte Monat und hieß bis zur julianischen Kalenderreform von Julius Cäsar (mensis) Quintilis (von lat. quintus = fünf; „fünfter Monat“). Die Kalenderreform sah vor, dass das Jahr mit dem 1. Januar beginnen sollte und der nun siebte Monat wurde zu Ehren Cäsars in (mensis) Iulius umbenannt. Die Genitivform Iulii setzte sich im 16. Jahrhundert gegen die alte deutsche Monatsbezeichnung „Heumonat“ durch.

Andere Namen für den siebten Monat: Heumonat, Bärenmonat, Honigmonat