Faustbrausen

Es hat sich längst nicht ausgebraust!

 „Schick mir dafür den ,Doktor Faust' / sobald Dein Kopf ihn ausgebraust!“ schrieb Friedrich Wilhelm Gotter im Sommer des Jahres 1773 an den jungen Goethe, nicht ahnend, dass es noch dreiunddreißig Jahre im Freundesschädel brausen würde, bevor der Tragödie erster Teil endlich fertiggestellt war. Ein weiteres Vierteljahrhundert später war das Faustbrausen wieder so stark, dass Goethe im Tagebuch festhalten konnte: „den Hauptzweck verfolgt“; „im Hauptgeschäft vorgerückt“; „am Hauptgeschäft fortgefahren“. 

Ein wunderbarer Artikel über die Entstehung von Johann W. v. Goethes berühmtestem Werk, „Faust“ fand sich letztes Jahr vor Ostern in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Bald kommt wieder Ostern und somit auch die „Faustzeit“ – es möge heftig brausen!

 

Selbstbetrachtung für mehr Lebensfreude 

Und woher Goethe seine Lebensfreude bezog, wird ebenfalls beschrieben. Das Konzept würde sich gut zur Modellbildung eignen:

Goethe, dem aufmerksame Selbstbetrachtung keinen geringen Teil seiner Lebensfreude spendete, hat den eigenen Schaffensprozess immer wieder kommentiert - Homer hätte sich ein Beispiel daran nehmen sollen. So schrieb der Achtzigjährige, dem die Sorge um den noch immer unausgeführten vierten Akt zu schaffen machte, er habe sich das Manuskript binden lassen, damit ihm die „sinnliche Masse“ vor Augen stehe. Die Leerstelle des vierten Akts hat er einfach mit weißem Papier ausgefüllt, also das Nichts, das Ungeschaffene, greifbar gemacht. Es liege, schrieb der geniale Selbstmotivator, in „solchen sinnlichen Dingen mehr, als man denkt, und man muss dem Geistigen mit allerlei Künsten zu Hilfe kommen“.  

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