Wahl zwischen Skylla und Charybdis

Die Odyssee in der Sprache des 21. Jahrhunderts  

Nach dem Ende des trojanischen Krieges fuhren die siegreichen griechischen Helden in die Heimat zurück. Die meisten erreichten ihr Ziel bald, aber Odysseus hatte eine lange Reise vor sich – eine Odyssee im wahrsten Sinn des Wortes.

Der Begriff „Odyssee“ wurde im 19. Jahrhundert in seiner ursprünglichen Bedeutung einer „langen und abenteuerlichen Irrfahrt“ übernommen und noch heute verwendet. Odysseus‘ Irrfahrt dauerte zehn Jahre. Acht davon verbrachte er in den Grotten von Zauberinnen und Nymphen und während der beiden anderen Jahre bestand er so manch gefährliches Abenteuer. Zwei davon haben ihre sprachlichen Spuren hinterlassen:

1. Sirenen:

Wir kennen Sirenen seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts als Alarm- und Signaleinrichtung mit an- und abschwellenden Tönen, die bei Gefahr ertönt und die Bevölkerung warnen soll. Das läuft der Herkunft des Wortes zuwider, denn es waren die Sirenen selbst, von denen in der griechischen Mythologie die Gefahr ausging. Die Sirenen waren Frauen mit Vogelleibern, die Seeleute durch ihren betörend schönen Gesang anlockten, um ihnen das Blut auszusaugen und sie so zu töten. Odysseus fuhr an ihrer Insel vorbei: an den Mast gefesselt hörte er ihren Gesang und überlebte, weil die Fesseln ihn daran hinderten, sich ihnen zu nähern.

2. Wahl zwischen Skylla und Charybdis:

Wer die Wahl zwischen Skylla und Charybdis hat, steht vor keiner erfreulichen und schon gar nicht vor einer leichten Entscheidung, denn beide Möglichkeiten bergen Ungeheuer: Skylla war in der griechischen Mythologie eine in ein Monster verwandelte Nymphe mit sechs Köpfen, einer dreifachen Reihe Zähne in jedem Maul und zwölf Füßen. Ihre Höhle befand sich gegenüber dem tödlichen Strudel der Charybdis, ebenfalls ein Ungeheuer, in der Meerenge von Messina.Wie man sieht, sind beide Alternativen äußerst abschreckend. Odysseus entschied sich übrigens bei der ersten Fahrt durch die Meerenge dafür, näher an Skylla vorbeizufahren und verlor viele seiner Gefährten. Weil er ein besonderer Pechvogel war, musste er ein zweites Mal die Meerenge passieren und lernte auch die zweite Alternative, Charybdis, kennen.

 

Ein enzyklopädisches Leben!

Die Geschichte von Klara Klopädie und wie sie Engelbert Enzy fand 

Der Hochachtung Verlag hat seine ersten Kinderbücher veröffentlicht. „Die Geschichte von Klara Klopädie und wie sie Engelbert Enzy fand“ widmet sich den Buchstaben des Alphabets und spielt mit der Sprache:

Klara Klopädie führt gemeinsam mit ihrer kleinen Katze Klementine ein abwechslungsreiches Leben, das eng mit den Buchstaben des Alphabets verknüpft ist. An A-Tagen macht sie Dinge, die mit A beginnen, an B-Tagen Dinge, die mit B beginnen, an C-Tagen Dinge, die mit C beginnen und so weiter bis zum Z-Tag. An manchen Tagen hat sie sehr viel zu tun und manche Tage sind entspannender. Als sie Engelbert begegnet, der ihre Liebe zu den Buchstaben teilt, steht einem glücklichen Ende nichts mehr im Wege!

 

Weitere Informationen finden sich auf der Verlags-Homepage:  http://www.hochachtung-verlag.com/AchtungBuecherwurmKlara.aspx und auf Klaras eigenem Blog: http://www.klara-klopaedie.com/

Erhältlich sind die Bücher im gut sortierten Buchhandel und direkt beim Verlag.

 

Alphamädchen oder Kukidentpartei?

Wahl zum österreichischen Wort des Jahres 2009  

Die Wahl zum österreichischen Wort des Jahres ist eröffnet und bis 9. Dezember kann auf der Homepage der Grazer Universität http://www-oedt.kfunigraz.ac.at/oewort/ jeder mitwählen.  

Zur Auswahl für das Wort des Jahres stehen „Alphamädchen“, "Audimaxismus", "Finanzkrise", "Kukidentpartei", "Kuschelkurs", "Problemguru", "Schweinegrippe", "Ungustlvermutung", "Virusferien" und "Zeitmillionär". Wie jedes Jahr hat man bereits bei der Shortlist zum Wort des Jahres eher das Gefühl, das Unwort zu wählen. 

Ebenfalls wählbar sind er Ausspruch und der Unspruch wie auch das Unwort des Jahres. Hier stehen Wörter wie „erweiterter Suizid“ (war 2006 bereits in der Schweiz Unwort des Jahres), „Asylertrotzer“, „freiwilliger Gehaltsverzicht“ oder „Herkunftskriminalität“ zur Auswahl.

Die Last aller Welten

Atlas: Titan, Träger, Gebirge, Ozean, Kartenwerk

 

Der Titan Atlas, dessen Name „Träger, Dulder“ bedeutet, war in der antiken Mythologie dafür zuständig, das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern zu tragen.

Außerdem kommen ihm sprachlich noch weitere Aufgaben zu – kaum ein anderer Name aus der griechischen Mythologie wird so vielfältig verwendet:

 
  1. Gebirge in Nordwestafrika (dort soll Atlas versteinert worden sein!)
  2. Atlantischer Ozean/Atlantik: In der antiken Vorstellung war Atlas mit seiner Aufgabe im äußersten Westen der Welt „stationiert“, weswegen die Griechen das Meer an der Westküste Afrikas „atlantisches Meer“ nannten.  
  3. Zuletzt steht sein Name für Kartenwerke der Geographie – zum ersten Mal verwendete ihn der Geograph Kremer 1595 für sein kartographisches Werk.

 

Geschwurbel, Neufünfland und Oberburner

Online-Portal für Szenesprachen 

Die Duden-Redaktion nimmt sich der Szene- und Jugendsprache an und wird ihr im Herbst ein Wörterbuch widmen. Für diesen Zweck wurde eine Webseite (http://szenesprachenwiki.de) präsentiert, auf der Jugendliche die Möglichkeit haben, Begriffe aus ihrer Lebensrealität eintragen zu können. Um zu überprüfen, ob es sich bei einem Eintrag um eine Spaßkonstruktion oder einen häufiger verwendeten Begriff handelt, behelfen sich die Redakteure mit der Suchmaschine Google.  

Ein interessanter Aspekt der Webseite ist, dass hier jeder die Möglichkeit hat, seinen Lieblings-Neologismus einzutragen und somit sofort die Aufmerksamkeit der Duden-Redaktion genießt und vielleicht einen Beitrag zum gedruckten Wörterbuch leistet, das im September erscheint.  

Beispiele aus der Szenesprache 

Hier einige Beispiele von der Webseite: 

  • Das Präfix „ab-“ ist in der Szenesprache unglaublich produktiv: „abdancen“, „abflacken“, „abflaschen“, „abfratzen“, „abhorsten“, „abkumpeln“, „ablachsen“, „abloosen“, „abschimmeln“ usw.
  • Viele leicht veränderte Anglizismen werden auf der Webseite angeführt: „batteln“, „nailen“, „Hater“, „copypasten“, „bouncen“, „rushen“ usw.
  • Einige Kofferwörter sind ebenfalls zu finden: „Schwachfug“ (= Schwachsinn + Unfug), „Bankster“  (Banker + Gangster), „gruscheln“  (= grüßen + kuscheln), „chillaxen“  (= chillen + relaxen)
  • Intertainment: sich durch das Internet unterhalten lassen
  • rumoxidieren: untätig herumhängen
  • Biobreak: WC-Pause während einer Besprechung
  • Pennerkissen: längere Haare am Hinterkopf
  • beratungsresistent: dickköpfig, stur, eigensinnig und dumm in einer einzigartigen Mischung
  • Konterbier: Das Bier, das angeblich bei einem Kater den Normalzustand wieder herstellen soll.
  • Backup-Kind: jedes Kind, das nach dem ersten Kind gezeugt wird
  • beschlauen: sich mit einem Thema lernend näher befassen oder von jemandem belehrt werden.
  • merkresistent: beschreibt eine Person, die offensichtliche Zusammenhänge nicht begreift (auch: Merkresistenz, merkbefreit)
 

Englisch ist nun Wortmillionär

Von der Gewalt einer Sprache

Seit letzter Woche ist die englische Sprache Wortmillionär: „Web 2.0“ ist das millionste englische Wort, das der „Global Language Monitor“ verzeichnet hat. Um registriert zu werden, muss ein Begriff 25.000 Mal gedruckt oder online Verwendung finden. Das 999.999 Wort war „Jai Ho“ (ein freudiger Ausruf; aus dem Hindi entlehnt und durch den Film „Slumdog Millionaire“ bekannt geworden), was gleichzeitig die Erklärung dafür liefert, warum der englische Wortschatz so deutlich größer ist als der anderer Sprachen.

Fremdes nicht abweisen

„Die Gewalt einer Sprache ist nicht,
dass sie das Fremde abweist,
sondern dass sie es verschlingt.“

(Johann Wolfgang von Goethe)

Die englische Sprache hat sich dieses Konzept zu eigen gemacht: sie holt sich unbekümmert aus anderen Sprachen, was sie gerade braucht. Sprachpurismus oder Bewegungen, die die Sprache von allen fremden Elementen reinigen wollen, gibt es im englischen im Gegensatz zum französischen oder deutschen Sprachraum nicht.

Alle 98 Minuten ein neues Wort

Das hat zur Folge, dass der englische Wortschatz wächst und wächst: alle 98 Minuten kommt ein neues Wort zum Wortschatz dazu, das sind 14 neue Wörter pro Tag! Dabei kommen Sprecher – egal welcher Sprache – mit etwa 15.000 Wörtern in der alltäglichen Kommunikation aus.

Umfang eines Wortschatzes

Den Wortschatz einer Sprache zu zählen ist – und das muss an dieser Stelle unbedingt festgehalten werden – ein schwieriges Unterfangen und hängt von vielen Faktoren ab. Dabei steht die Definition von „Wort“ an oberster Stelle, denn eine einheitliche Festlegung gibt es nicht. Ein weiterer Faktor sind die Fachwortschätze und ob sie in die Zählung einbezogen werden oder nicht. Ein mächtiges Werkzeug zur Wortbildung im Deutschen sind zudem die Komposita, bei denen ebenfalls nicht klar ist, inwieweit sie in solcherlei Zählungen aufgenommen werden.

 

Starke Verben adieu?

zwitschern – tschurr zwi – zwigetschurn 

In neuhochdeutscher Zeit bleibt die Gruppe der starken Verben nicht nur unproduktiv – sie geht sogar zurück. So ist zu beobachten, dass ehemals starke Verben in die Klasse der schwachen Verben oder Mischverben übergehen (z.B. backen: backte für buk; saugen: saugte für sog; fragen: fragte für frug; melken: melkte für molk). Es besteht aber kein Grund zur Sorge, dass die starken Verben ganz verschwinden könnten, da sie zentrale Bereiche unseres Wortschatzes abdecken. Und nicht zuletzt wacht auch die „Gesellschaft zur Stärkung der Verben“ über ihren Bestand. 

Die Gesellschaft zur Stärkung der Verben Die Gesellschaft zur Stärkung der Verben versteht sich als „Anlaufstelle für schwache und geknochtene Verben aller Sprachen“ und stellt einen humorvollen Versuch dar, neue unregelmäßige Verben einzuführen. Der Kern ihrer Arbeit besteht darin, regelmäßige Verben kreativ zu stärken, wie die folgenden Beispiele demonstrieren sollen. 

Infinitiv – Präteritum – Partizip 
arbeiten – bitt ar – argebitten

baden – bud – gebaden

bügeln – bulg – gebulgen

donnern – durnn – gedurnnen

erklären – erklur – erkluren

hindern – harnd – gehornden

lächeln – lielch – gelilchen

melden – mald – gemolden

nähen – nand – genanden

nützen – nuß – genussen

parken – purk – gepurken

quasseln – quolß – gequolßen

tanzen – tunz - getunzen

umzingeln – umzalng – umzolngen

zwitschern – tschurr zwi – zwigetschurn
 

Tipps:
Werner  König: „dtv-Atlas Deutsche Sprache“;
Helmut Glück/Wolfgang Sauer: „Gegenwartsdeutsch“;

http://verben.texttheater.de

 

Als Paris den Zankapfel warf

Vom Beginn des trojanischen Krieges  

Der trojanische Krieg wurde durch die erste überlieferte Miss-Wahl der Menschheitsgeschichte ausgelöst, bei der zwei der drei Teilnehmerinnen richtig schlechte Verliererinnen waren und sowohl der Siegerin als auch dem einzigen Jury-Mitglied grollten. Beim einzigen Jury-Mitglied handelte es sich um den jungen trojanischen Prinzen Paris und bei seiner Entscheidung um das legendäre „Paris-Urteil“. Dieses Urteil, das in unseren Wortschatz aufgenommen worden ist, wurde wegen eines Zankapfels im eigentlichen Sinn des Wortes nötig.  

Heute gebrauchen wir den Ausdruck „der Zankapfel sein“ für einen Anlass zum Streit bzw. für den Gegenstand einer Auseinandersetzung. Im Mythos handelte es sich tatsächlich um einen Apfel: um einen goldenen Apfel mit der Aufschrift „Für die Schönste“, den Eris, die Göttin der Zwietracht, beleidigt unter die göttlichen Gäste einer Hochzeit warf, zu der sie (aus gutem Grund!) nicht eingeladen war. Die drei mächtigsten Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite zankten sich um den Apfel und so kam es, dass Paris urteilen und den Zankapfel werfen musste – nicht ahnend, welche verheerenden Folgen sein Urteil haben würde.  

Zwei interessante Details aus anderen Disziplinen:

  • Der größte bekannte Zwergplanet, der 2005 entdeckt wurde und einen Streit über Plutos Status eines Planeten auslöste, wurde passenderweise „Eris“ genannt.
  • Die Einbeere, lat. „Paris quadrifolia“, hat ihren Namen vom Paris-Urteil: ein Mensch (Paris), eine Blüte/eine Beere, wird von vier Gottheiten (Hermes, Hera, Athene, Aphrodite), von vier Blättern, umgeben.

Die Angst, die der Gott Pan hervorruft

Panischer Schrecken

„Panik“, „panischer Schrecken“, „in Panik geraten“, „jemanden in Panik versetzen“, „panische Angst“, „Panik erzeugen“ – all diese Redewendungen hängen mit dem griechischen Gott Pan, dem Erfinder der Panflöte, zusammen.

Das Substantiv „Panik“ wurde erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts von der französischen Bildung „panique“ entlehnt, das auf das lateinische „panicus“ und das griechische „panikòs(= dem Pan eigen, von Pan ausgehend) zurückgeht. „Panik“ bezeichnet eine plötzlich auftretende, oft grundlose Furcht, in die Menschen durchaus auch bewusst versetzt werden können.

Die Bedeutung kann wie das Wort selbst auf die antike Mythologie zurückgeführt werden: Der Gott Pan wurde stets als Walddämon mit Hörnern und Bocksfüßen dargestellt und beeinflusste damit die christlichen Teufelsvorstellungen. In der Antike hielt man seine plötzliche und unsichtbare Nähe für den Grund von unerklärlichem Fluchtverhalten bei Mensch und Tier. Zudem wird ihm nachgesagt, dass er nicht selten den Ausgang eines Krieges beeinflusste, indem er in Kriegslagern Panik auslöste.

 

Der trojanische Krieg im deutschen Wortschatz

Sind Sie Trojaner und haben Sie Griechen zu Besuch? – Hoffentlich nicht!   

Es gibt eine ganze Reihe von Wörtern und Redewendungen, die ihren Weg aus der antiken Mythologie in unseren modernen Wortschatz gefunden haben. Ausdrücke wie „Ödipuskomplex“, „Achillesferse“ oder „trojanisches Pferd“ sind die berühmtesten Vertreter aus dieser Gruppe. Letzteres wird in Bezug auf besonders tückische Computerviren häufig mit „Trojaner“ abgekürzt, was eine äußerst ungelungene Verkürzung darstellt: Die Trojaner waren schließlich die Leidtragendenden des Pferdes, in dem die Griechen bis zu den Zähnen bewaffnet saßen. Somit könnte man sich selbst als Trojaner bezeichnen, wenn man Opfer eines solchen Computervirus wird. Und wenn jener schon eine Abkürzung braucht, scheint wohl „Grieche“ am geeignetsten. Der trojanische Krieg führt uns auch schon zum nächsten gebräuchlichen Ausdruck, den die griechische Mythologie geprägt hat, zum Danaergeschenk.

Danaergeschenke 

„Quidquid id est, timeo Danaos et dona ferentes“, ruft der Priester Laokoon, bevor Poseidons Schlangen ihn und seine Söhne töten: „Was es auch sei, ich fürchte die Danaer (= die Griechen), selbst wenn sie Geschenke bringen!“ Laokoon meinte mit dem Geschenk der Danaer das hölzerne Pferd, das die Griechen nach ihrem vermeintlichen Abzug vor den Mauern Trojas zurückgelassen hatten. Die Trojaner brachten das Pferd entgegen der Empfehlungen von Laokoon und der Königstochter Kassandra in die Stadt und besiegelten damit ihren Untergang.

Kassandrarufe   

Damit sind wir bei den Kassandrarufen angelangt. Kassandra spielt eine tragische Rolle im Mythos um den Fall der Stadt Troja. Sie war vom Gott Apollon in der Kunst der Weissagung geschult und später dazu verdammt worden, die Zukunft immer richtig zu prophezeien und doch nie Gehör zu finden und das kommende Unheil nicht abwenden zu können. Und genau diese Bedeutung haben die Kassandrarufe noch heute: sie meinen eine zutreffende, aber vergebliche Warnung vor drohender Gefahr.

 Wie der trojanische Krieg begann und welche sprachlichen Zeugen daraus die Zeit überdauerten, können Sie bald im Wunderland Deutsch nachlesen. 

Mythos und Sprache

Die neue Reihe im Wunderland Deutsch 

Mit dem März-Artikel endete die zwölfteilige Reihe des Wunderlandes Deutsch über die deutschen Monatsnamen und deren Herkunft und Vorfahren.

Aus diesem Grund wird eine neue Rubrik ins Leben gerufen: „Mythos und Sprache“.

Sie widmet sich den Wörtern und Redewendungen, die die Zeit überdauerten und ihren Weg aus der antiken Mythologie in unseren modernen Sprachgebrauch fanden.

Mit „Achillesferse“, „Argusaugen“, „Sirenen“ und „Fass ohne Boden“ seien nur einige wenige erwähnt - genaueres folgt in den einzelnen Artikeln.

„Übelsetzung“ des Jahres 2008

„wenn Sie Buch“ 

Alljährlich vergibt der Österreichische Übersetzer- und Dolmetscherverband Universitas einen Preis für die schlechteste Übersetzung. 2008 wurde diese zweifelhafte Ehre „Eurolines“ auf Grund seiner unverständlichen Fahrpläne in Osteuropa zuteil. 

Überzeugende Argumente der Jury 

Hier einige überzeugende Argumente, warum Euroline den ersten Preis erringen konnte:

  • „Sitzplatzreservierung erforderlich“ wurde in der polnischen Version als „Siedzisko zastrzezenia wymagane“ übersetzt, was so viel bedeutet wie „Sitzfläche des Vorbehaltes erforderlich“.
  • Im ungarischen Fahrplan ist von „ha ön könyv“ die Rede (= „wenn Sie Buch“) – gemeint sind damit Ermäßigungen.
  • Ebenfalls im ungarischen Fahrplan trifft man auf „marktlich“, was „mittwochs“ bedeuten sollte. Die Tagesfahrt wird zum „Sonnenweg“ und die Übersetzung von „kein Bus“ ist zur Verwirrung aller „die Busse“.  

Der Übelsetzungspreis 

Der glückliche Gewinner des Übelsetzungspreises darf sich über eine Urkunde vom Verband und ein kostenloses Verzeichnis aller Übersetzer und Dolmetscher des Verbandes freuen. Gratulation! :-)

 

Lebensmensch, Krocha und Wachteleierkoalition

Österreich wählt ein Unwort zum Wort des Jahres 2008 

Das österreichische Wort des Jahres 2008 steht fest und das Ergebnis ist durchaus erstaunlich: Platz 1 belegt nämlich ausgerechnet das Wort, das in beiden Kategorien – sowohl als Wort als auch als Unwort des Jahres – angetreten ist: „Lebensmensch“. Es handelt sich dabei eigentlich um ein durch und durch positiv besetztes Wort und bezeichnet in seiner Grundbedeutung „den wichtigsten Menschen meines Lebens“.  

Bedeutungsambivalenz 

Seit das Wort im Zusammenhang mit dem Unfalltod des österreichischen FPÖ-Politikers Jörg Haider verwendet und überstrapaziert wurde, hinterlässt es einen herben Nachgeschmack und kann als Paradebeispiel eines plötzlichen Bedeutungswandels gelten. Obwohl die Jury befand, dass seine Bedeutungsambivalenz und sein hoher emotionaler Wert „Lebensmensch“ zum Wort des Jahres 2008 machte, ist ein Gebrauch des Wortes ohne seinen fragwürdigen Kontext nicht mehr möglich. Deshalb wurde es auch von einer nicht unerheblichen Anzahl von WählerInnen als Unwort des Jahres klassifiziert, wo es auch tatsächlich besser aufgehoben gewesen wäre.  

Die weiteren Platzierungen

Den zweiten Platz sicherte sich „Krocha“, ein neues österreichisches Wort, das eine städtische Jugendbewegung bezeichnet, die im letzten Jahr stark in Mode kam. Auf Platz drei landete ebenfalls eine Wortneuschöpfung, nämlich „Wachteleierkoalition“. Es wurde im Wahlkampf geschaffen, um die ökonomische Sinnhaftigkeit der Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel in Frage zu stellen, die zehn Ausnahmen auf sogenannte Luxuslebensmittel wie Wachteleier vorsah. 

Unwörter und Spruch des Jahres 2008

„Gewinnwarnung“ (Platz 1), „Heimatpartei“ (Platz 2) und „Kulturdelikt“ (Platz 3) sind die österreichischen Unwörter des Jahres. Die Fußball-Europameisterschaft im Juni hat in Österreich auch ihre sprachlichen Spuren hinterlassen. Der Spruch des Jahres 2008 stammt von Teamchef Josef Hickersberger und erklärt das schlechte Abschneiden der österreichischen Nationalmannschaft: „Wir haben unsere Stärken trainiert, deswegen war das Training heute nach 15 Minuten abgeschlossen.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, außer dass der Spruch für die Jury in bester literarischer Tradition der österreichischen Selbstironie steht.

Bildschirmgebräunt zur Gammelfleischparty

Das Jugendwort des Jahres 2008 

Der Jahreswechsel steht bevor und wie jedes Jahr werden zu diesem Anlass Jahresrückblicke präsentiert, Personen des Jahres gekürt und Bilanzen gezogen. Auch im sprachlichen Bereich werden jährlich neue Wettbewerbe und Preise  eingeführt und verschiedene Institutionen und Jurys küren Wörter, Unwörter und Sätze des Jahres. 

Jugendwort des Jahres 

Der Langenscheidt-Verlag rief in diesem Jahr die Wahl des Jugendwortes des Jahres ins Leben. Eine neunköpfige Jury entschied sich für die folgenden Sieger, die sich unter anderem gegen „Kalbfleisch-Knoppers“ (= Döner), „Heuchlerbesen“ (= Blumenstrauß) oder „Mietmaul“ (= Anwalt) durchsetzten:  

  • Platz 5: „Stockente“ als Bezeichnung für Nordic Walker
  • Platz 4: „Datenzäpfchen“ (= USB-Stick)
  • Platz 3: „unterhopft sein“ bezeichnet die Tatsache, dass man noch nicht betrunken genug ist und Lust auf mehr Bier hat
  • Platz 2: „Bildschirmbräune“ als Ausdruck für den blassen Teint von Büroangestellten und Computerfreaks
  • Platz 1: „Gammelfleischparty“: Das Jugendwort des Jahres 2008 bezeichnet Partys, die für Menschen über 30 Jahren veranstaltet werden. Die Jury betont den Ekelfaktor des Wortes, der gleichzeitig ein Aufmerksamkeitsmagnet ist. Außerdem habe der übersetzte Gegenstand den Spott der Jugendlichen verdient und durch ihre Ausgrenzung geradezu provoziert.

 

Das beste eingewanderte Wort 

Auch das beste eingewanderte Wort wurde 2008 gekürt: Auf Initiative des Goethe-Instituts und des Deutschen Sprachrats hin wurden 3.500 Vorschläge aus 42 Sprachen eingesandt. Der „Tollpatsch“ als Lehnwort aus dem Ungarischen setzte sich gegen seine Konkurrenten durch und gewann die Wahl.  

 

Von Iso- und Pangrammen

„Fix Schwyz!“ und Heizölrückstoßabdämpfung 

Ein Pangramm ist ein Satz, der jeden Buchstaben des Alphabets enthält, wobei echte Pangramme jeden Buchstaben genau einmal enthalten. Mit lateinischen Buchstaben funktioniert das jedoch nicht und man muss die Buchstaben zum Teil doppelt verwenden. Ein berühmtes deutsches Pangramm ist „Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern“. Da dieses Pangramm aber keine Umlaute und das scharfe ß nicht berücksichtigt, bietet „Zwölf Boxkämpfer jagen Viktor quer über den großen Sylter Deich“ eine Alternative. 

Weitere Pangramme 

  • „Sylvia wagt quick den Jux bei Pforzheim.“
  • „Polyfon zwitschernd aßen Mäxchens Vögel Rüben, Joghurt und Quark.“
  • „‘Fix Schwyz!‘, quäkt Jürgen blöd vom Paß.“

Isogramme 

Isogramme dagegen bezeichnen ein Wort, in dem alle verwendeten Buchstaben gleich oft vorkommen. Das Phantasie-Isogramm „Heizölrückstoßabdämpfung“ mit 24 Buchstaben ist wohl das längste seiner Art. Das längste deutsche Isogramm, das tatsächlich verwendet wird und im Duden steht, ist „Dialektforschung“ (16 Buchstaben), gefolgt von „unproblematisch“, „Zwischenprodukt“, „Bildungsprojekt“ und „Komplizenschaft“.

 

Liegt der Konjunktiv im Sterben?

Noch einmal Agonie 

„Noch haben wir […] diese „Möglichkeitsform“, den Konjunktiv, und können auf diese Weise unterscheiden zwischen dem, was wirklich ist, und dem, was geschehen könnte. Aber in hundert Jahren werden wir diesen Unterschied nicht mehr machen können, denn der Konjunktiv […] stirbt langsam aus.“ Diesen (zu frühen) Abgesang stimmte Ludwig Reiners 1943 in seiner „Stilkunst“ an. Mehr als die Hälfte der prognostizierten hundert Jahre sind schon vergangen und weder ein plötzliches Ableben noch ein langsames Siechtum unseres Konjunktivs ist zu befürchten.  

Veränderung statt Tod 

Stattdessen wandelt er sich in seiner Form und in seinen Funktionen. Häufiger als früher werden die Konjunktiv II-Formen mit „würde“ gebildet. Der Grund dafür liegt einerseits darin, dass diese Form ökonomischer (leichter zu bilden) ist und andererseits klingen Formen wie „beföhle, flöhe, bewöge, schmölze, verhülfe“ usw. recht antiquiert.  

Hochburgen des Konjunktivs 

Das derzeit wichtigste Anwendungsgebiet des Konjunktivs ist die Nachrichtensprache, die sich mit seiner Hilfe in der indirekten Rede vom Gesagten distanziert. Mit der Verwendung der Konjunktivformen soll eine Aussage nur wiedergegeben werden – eine Gewähr für ihre Richtigkeit ist nicht inklusive. Inwiefern Leser und Hörer die Signale bei Verwendung des Konjunktivs wahrnehmen, ist eine andere Frage.

 

Der Junge, die Rübe und das Mädchen

Probleme mit dem Artikel 

Letzthin wurde ich erbost gefragt: „Sag mal, wieso heißt es eigentlich der Junge, aber das Mädchen? Da passt doch was nicht!“ Es ist richtig: Da passt was nicht und zwar stimmt das natürliche Geschlecht nicht mit dem grammatischen überein. Es gibt eine etymologische Erklärung dafür (aber „fairer“ wird es dadurch nicht): „Mädchen“ entstammt dem Diminutiv (= Verkleinerungsform eines Substantivs) von „Magd“ (im Ausdruck „Mädchen für alles“ ist diese Herkunft noch bemerkbar). Diminutive haben generell sächliche Artikel (das ist eine der wenigen Fixen Regeln im deutschen Genussystem) und somit heißt es auch das Mädchen.  

Mark Twain, der immer für ein erfrischendes Zitat gut ist, wenn es um Besonderheiten der deutschen Sprache geht, sieht die Spitzfindig- und Ungerechtigkeiten unseres Genussystems folgendermaßen: „Jedes Substantiv hat ein Geschlecht und in dessen Verteilung liegt kein Sinn und kein System. […] Im Deutschen hat ein Fräulein kein Geschlecht, während eine weiße Rübe eines hat. Man denke nur, auf welche übertriebene Verehrung der Rübe das deutet und auf welche dickfellige Respektlosigkeit dem Fräulein gegenüber. […] Ich übersetze das aus einer Unterhaltung in einem der besten deutschen Sonntagsschulbücher: Gretchen: ‚Wilhelm, wo ist die Rübe?‘ – Wilhelm: ‚Sie ist in die Küche gekommen.‘ – Gretchen: ‚Wo ist das gebildete und schöne englische Mädchen?‘ – Wilhelm: ‚Es ist in die Oper gegangen.‘“  

(aus: Mark Twain „Die schreckliche deutsche Sprache“)

 

Hitparade der deutschen Wörter

Eine Sprachstatistik 

Was ist das am häufigsten gebrauchte Wort der deutschen Sprache? In mühevoller Auszählarbeit hat Helmut Meier in den 1960er Jahren eine Liste der 207 häufigsten Wörter angelegt. Platz 207 geht dabei an „meiner“. Da eine vollständige Auflistung aber einen ermüdenden Effekt haben könnte, sollen hier nur die „häufigsten 10“ präsentiert werden: 

  • Platz 10: sie
  • Platz 9: von
  • Platz 8: nicht
  • Platz 7: das
  • Platz 6: den
  • Platz 5: zu
  • Platz 4: in
  • Platz 3: und
  • Platz 2: der
  • Platz 1: die

Verblüffend ist dabei vor allem, dass die 30 häufigsten Wörter 31,79% aller Wörter von Texten ausmachen (die 207 häufigsten sogar 54,35%!). Die Einsilber sind bei weitem die häufigsten Wörter und allgemein gilt die Regel: Je länger ein Wort, desto geringer seine Häufigkeit. Die häufigsten Substantive in dieser Auswertung sind „Zeit“, „Herr“, „Leben“ und „Jahre“, die häufigsten Verben „werden“, „sein“ und „haben“.

 

Verben mit unentschlossenen Partnern

Sie trennt sich, sie trennt sich nicht 

Eines der spitzfindigsten Themen der deutschen Grammatik ist jene Gruppe von Verben, die  trennbar und zugleich untrennbar sind. „Umfahren“ ist ein solches Verb und gleich wie die anderen Verben dieser Gruppe verfügt es je nach (Un-)Trennbarkeit über verschiedene Bedeutungen: Wird es untrennbar gebraucht („ich umfahre etwas“) bedeutet es, dass man um etwas außen herumfährt. In der trennbaren Variante („ich fahre etwas um“) bringt man mit seinem Fahrzeug etwas zu Fall. Das ist sprachlich ein kleiner, inhaltlich jedoch ein immenser Unterschied, vor allem wenn man das für die Beispielphrasen gebrauchte „etwas“ durch konkretere Objekte ersetzt. Ein weiteres Beispiel ist „durchschauen“. Die trennbare Variante („Er schaut durch den Spalt.“) wird im konkreten Sinn gebraucht, die untrennbare („Er durchschaut seinen Kollegen.“) im übertragenen Sinn.  

Allgemein gibt es sechs Vorsilben, die sich in Verbindung mit Verben unentschlossen zeigen: durch-, über-, um-, unter-, wider- und wieder-. Bei den trennbaren Formen liegt die Betonung auf der Vorsilbe und die ursprüngliche Bedeutung der Präposition (= Vorsilbe) bleibt weitgehend erhalten (‘untertauchen, ‘umwerfen). Die untrennbaren Varianten verlangen eine Betonung des Verbstamms und werden meist im übertragenen Sinn verwendet (z.B. unter’brechen, unter’suchen).

 

„Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“

Kofferwörter im Deutschen 

Michael Ende hat das Prinzip der Kofferwörter mit seinem „Wunschpunsch“ humorvoll übersteigert und mit insgesamt sieben Teilen ad absurdum geführt. Kürzere Kofferwörter, zum Teil schon in den täglichen Sprachgebrauch übergegangen, kommen häufiger vor (z.B. "Motel" (= Motor + Hotel), "Transistor" (= engl. transfer + resistor), "Schlepptop" (= schleppen + Laptop)).

Kofferwörter sind Kunstwörter aus meist zwei Wörtern, die bei ihrer Verschmelzung zu einem inhaltlich neuen Begriff Wortteile tilgen können. Der Begriff „Kofferwort“ stammt aus einem anderen Wunderland, nämlich aus „Alice im Wunderland“. Lewis Carroll verglich darin ein zusammengesetztes Wort mit einem Handkoffer. Demzufolge sammelt man in einem Kofferwort Teile von Wörtern.  

Kofferwörter in Werbung und Medien

Besonders gern arbeiten Werbung, Markennamen und Medien mit Kofferwörtern. So war beispielsweise „Teuro“ 2002 das österreichische Wort des Jahres und setzt sich aus „teuer“ und „Euro“ zusammen. Der allseits bekannte Markenname „Nescafé“ ist ein Kofferwort aus „Nestlé“ und „Café“ und Bildungen wie „Demokratur“ (= Demokratie + Diktatur) oder „Schweißheilige“ (= Schweiß + Eisheilige) entstammen den Medien. Als kreativste Berufssparte in Bezug auf Kofferwörter sind jedoch die Friseure anzuführen: von Haarlekin, Haarley, Haarmonie über Haarlem, Haarem, creHaartiv, 4 Haareszeiten bis HairGott, Hairlich, Hairport oder Hairlights ist alles anzutreffen.