Der Mensch ist nur Mensch durch Sprache

Wilhelm von Humboldt - Sprachgenie, Politiker und Wissenschaftler 

„Die Vermessung der Welt“, der Bestseller von Daniel Kehlmann, der seit Jahren die Verkaufslisten nicht nur in den deutschsprachigen Ländern anführt, widmet sich Alexander von Humboldt, dem Bruder von Wilhelm. Es steht außer Diskussion, dass Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835) zu den Helden der deutschen Sprache gezählt werden kann und dass es an der Zeit wäre, ihm eine ähnlich erfolgsträchtige literarische Hommage zu widmen.

Obwohl die fruchtbarste Zeit seiner Sprachstudien erst 1820, nachdem er sich enttäuscht aus dem politischen Leben zurückgezogen hatte, begann, gilt er als Begründer der vergleichenden Sprachforschung und –wissenschaft. Schon als 13-jähriger sprach Wilhelm fließend Griechisch, Latein und Französisch. Später erlernte er Englisch, Italienisch, Spanisch, Baskisch, Ungarisch, Tschechisch und Litauisch. Diese umfangreichen Sprachkenntnisse erleichterten ihm seine Sprachstudien, in denen er sich hauptsächlich den Eingeborenensprachen Amerikas, dem Koptischen, dem Altägyptischen, dem Chinesischen, dem Japanischen und dem indischen Sanskrit widmete. In seinem Menschenbild spielte Sprache die Schlüsselrolle: „Denn da das menschliche Gemüt die Wiege, Heimat und Wohnung der Sprache ist, so gehen unvermerkt, und ihm selbst verborgen, alle ihre Eigenschaften auf dasselbe über“.

In den letzten Jahren seines Lebens schreibt Wilhelm „Über die Kawi-Sprache auf der Insel Java“, dem er die einleitende Abhandlung „Über die Verschiedenheiten des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts“ voranstellt. Diese Einleitung stellt die Summe seiner Sprachreflexion und seiner empirischen Sprachforschungen dar und sein Ruhm bleibt dauerhaft mit ihr verbunden.

Alexander schreibt nach dem Tod von Wilhelm über dessen sprachwissenschaftliche Bestrebungen: „Er hat neben sich entstehen sehen und mächtig gefördert eine neue allgemeine Sprachwissenschaft, ein Zurückführen des Mannigfaltigen im Sprachbau auf Typen, die in geistigen Anlagen der Menschheit gegründet sind: Den ganzen Erdkreis in dieser Mannigfaltigkeit umfassend, jede Sprache in ihrer Struktur ergründend, als wäre sie der einzige Gegenstand seiner Forschungen gewesen, (…) war der Verewigte nicht nur unter seinen Zeitgenossen derjenige, welcher die meisten Sprachen grammatikalisch studiert hatte; er war auch der, welcher den Zusammenhang aller Sprachformen und ihren Einfluss auf die geistige Bildung der Menschheit am tiefsten und sinnigsten ergründete.“

Alles Gute zum Geburtstag, Ferdinand!

Ferdinand de Saussure – Begründer der Sprachwissenschaft 

Er ist eigentlich kein Held der deutschen Sprache selbst, aber seine Forschungen helfen uns dabei, sie zu verstehen. Vor genau 150 Jahren, am 26. November 1857, wurde der Begründer der modernen Sprachwissenschaft und des Strukturalismus, Ferdinand de Saussure, in Genf geboren. Seine Konzepte fanden nicht nur in der Linguistik, sondern auch in der Anthropologie, in der Psychoanalyse und in der Literaturwissenschaft Anwendung.

Die großen Leistungen des Ferdinand de Saussure
  • Nach seiner Dissertation über die Sanskrit-Grammatik unterrichtete er an den Universitäten von Paris und Genf. In seinen Vorlesungen zu Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft zwischen 1906 und 1911 liegt sein späterer Ruhm begründet. (Das Werk verfasste allerdings nicht Saussure selbst; die Mitschriften wurden von seinen Studenten postum veröffentlicht.)
  • Für Saussure bestand Sprache aus drei Teilen, die sich gegenseitig bedingen: aus menschlicher Rede (langage), abstraktem Regelsystem (langue) und aus dem Sprechen (parole) – nur langue konnte für ihn Gegenstand der Sprachwissenschaft sein.
  • Er unterteilte die Sprachwissenschaft in „synchrone“ (Sprache als System von Werten zu einem bestimmten Zeitpunkt) und in „diachrone“ Sprachwissenschaft (zeitliche Entwicklung der Werte).
  • Berühmt wurde auch seine „Theorie des sprachlichen Zeichens“: Sprachliche Zeichen bestehen im Sinne Saussures aus einem Signifikat (= begriffliche Inhaltsseite) und aus einem Signifikant (= Ausdrucksseite). Beispielsweise bezeichnet die Lautfolge „Haus“ (Signifikant) die Vorstellung eines tatsächlichen Hauses (Signifikat)