Die Tragödie des Werwolfs

Wie die Deklination ein Familienglück zerstörte 

Werwölfe mag man nicht. Vor Werwölfen hat man Angst, man gruselt sich vor ihnen. Und niemals hat man Mitleid mit Werwölfen, wenn sie getrieben, gejagt und getötet werden.Was aber Christian Morgenstern seinen Werwolf in einem Gedicht erleben lässt, rührt fast zu Tränen.  

Der Werwolf  

Ein Werwolf eines Nachts entwich
von Weib und Kind und sich begab
an eines Dorfschullehrers Grab
und bat ihn: "Bitte beuge mich!"

Der Dorfschullehrer stieg hinauf
auf seines Blechschilds Messingknauf
und sprach zum Wolf, der seine Pfoten
geduldig kreuzte vor dem Toten:

"Der Werwolf", sprach der gute Mann,
"des Weswolfs, Genitiv sodann,
dem Wemwolf, Dativ, wie man's nennt,
den Wenwolf, - damit hat's ein End."
 

Dem Werwolf schmeichelten die Fälle.
Er rollte seine Augenbälle.
"Indessen", bat er, "füge doch
zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!"

Der Dorfschulmeister aber musste
gestehn, dass er von ihr nichts wusste.
Zwar Wölfe gäb's in großer Schar,
doch "Wer" gäb's nur im Singular.

Der Wolf erhob sich tränenblind -
er hatte ja doch Weib und Kind!!
Doch da er kein Gelehrter eben,
so schied er dankend und ergeben.

(Christian Morgenstern)

 

Von Iso- und Pangrammen

„Fix Schwyz!“ und Heizölrückstoßabdämpfung 

Ein Pangramm ist ein Satz, der jeden Buchstaben des Alphabets enthält, wobei echte Pangramme jeden Buchstaben genau einmal enthalten. Mit lateinischen Buchstaben funktioniert das jedoch nicht und man muss die Buchstaben zum Teil doppelt verwenden. Ein berühmtes deutsches Pangramm ist „Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern“. Da dieses Pangramm aber keine Umlaute und das scharfe ß nicht berücksichtigt, bietet „Zwölf Boxkämpfer jagen Viktor quer über den großen Sylter Deich“ eine Alternative. 

Weitere Pangramme 

  • „Sylvia wagt quick den Jux bei Pforzheim.“
  • „Polyfon zwitschernd aßen Mäxchens Vögel Rüben, Joghurt und Quark.“
  • „‘Fix Schwyz!‘, quäkt Jürgen blöd vom Paß.“

Isogramme 

Isogramme dagegen bezeichnen ein Wort, in dem alle verwendeten Buchstaben gleich oft vorkommen. Das Phantasie-Isogramm „Heizölrückstoßabdämpfung“ mit 24 Buchstaben ist wohl das längste seiner Art. Das längste deutsche Isogramm, das tatsächlich verwendet wird und im Duden steht, ist „Dialektforschung“ (16 Buchstaben), gefolgt von „unproblematisch“, „Zwischenprodukt“, „Bildungsprojekt“ und „Komplizenschaft“.

 

Schreibhals

Wie aus dem Schreihals etwas anderes wurde 

Das sehr kreative Kofferwort „Schreibhals“ wurde auf einem Plakat des Komikerduos „Ohne Rolf“ in Zürich gesichtet. Zudem ist das fast neunminütige Video mit einem Ausschnitt aus ihrem aktuellen Programm, das mit einigen Sprachspielereien gespickt ist, sehr empfehlenswert: http://www.youtube.com/watch?v=Lm4tVaP18j4

Viel Spaß damit!

„Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“

Kofferwörter im Deutschen 

Michael Ende hat das Prinzip der Kofferwörter mit seinem „Wunschpunsch“ humorvoll übersteigert und mit insgesamt sieben Teilen ad absurdum geführt. Kürzere Kofferwörter, zum Teil schon in den täglichen Sprachgebrauch übergegangen, kommen häufiger vor (z.B. "Motel" (= Motor + Hotel), "Transistor" (= engl. transfer + resistor), "Schlepptop" (= schleppen + Laptop)).

Kofferwörter sind Kunstwörter aus meist zwei Wörtern, die bei ihrer Verschmelzung zu einem inhaltlich neuen Begriff Wortteile tilgen können. Der Begriff „Kofferwort“ stammt aus einem anderen Wunderland, nämlich aus „Alice im Wunderland“. Lewis Carroll verglich darin ein zusammengesetztes Wort mit einem Handkoffer. Demzufolge sammelt man in einem Kofferwort Teile von Wörtern.  

Kofferwörter in Werbung und Medien

Besonders gern arbeiten Werbung, Markennamen und Medien mit Kofferwörtern. So war beispielsweise „Teuro“ 2002 das österreichische Wort des Jahres und setzt sich aus „teuer“ und „Euro“ zusammen. Der allseits bekannte Markenname „Nescafé“ ist ein Kofferwort aus „Nestlé“ und „Café“ und Bildungen wie „Demokratur“ (= Demokratie + Diktatur) oder „Schweißheilige“ (= Schweiß + Eisheilige) entstammen den Medien. Als kreativste Berufssparte in Bezug auf Kofferwörter sind jedoch die Friseure anzuführen: von Haarlekin, Haarley, Haarmonie über Haarlem, Haarem, creHaartiv, 4 Haareszeiten bis HairGott, Hairlich, Hairport oder Hairlights ist alles anzutreffen.

 

lmnt

Wörter aus Aussprachesilben 

Die einzelnen Buchstaben a, b, c … sprechen wir aus wie a – be – ze – de – e – ef – ge – ha – i – jot – ka … usw. So lässt sich aus den Aussprachesilben ha für h, u für u und be für b beispielsweise ha-u-be = Haube oder aus en für n und te für t en-te = Ente zusammenfügen. Aus lb wird Elbe, aus qp Coupé, aus bid beide oder aus tur teuer.

Im Folgenden gibt es eine Auswahl längerer Wörter, die man auf diese Art bauen kann: 

  • Sechs Buchstaben (wenn ausgesprochen): slei, ghb, gwb, trn (= Es-el-ei, Ge-ha-be, Ge-we-be, te-er-en)
  • Sieben Buchstaben (wenn ausgesprochen): bhun, ghun (= be-ha-u-en, ge-ha-u-en)
  • Acht Buchstaben (wenn ausgesprochen): lmnt (= El-em-en-te)
  • Zehn Buchstaben (wenn ausgesprochen) und damit das längste Wort, wenn jede Silbe nur einmal zugelassen wird: btiguc (= Be-te-i-ge-u-ze; ein Stern)

aus: Cus: „Der Coup, die Kuh, das Q. Das erstaunlichste Deutsch-Buch aller Zeiten"

Zwei Wörter sind zu wenig

oder „Der Tod einer Sprache“

Die deutsche Sprache hat im Allgemeinen den Ruf, eine komplizierte und schwierige (vor allem schwierig zu erlernende) Sprache zu sein. Dem Ektischen dagegen kann wohl nachgesagt werden, zu den einfachsten Sprachen gehört zu haben. „Gehört zu haben“ ist schon richtig, denn das Ektische gibt es seit dem von Franz Hohler beschriebenen tragischen Zwischenfall leider nicht mehr: 

Das Ektische gehört zu den toten Sprachen und scheint mir deshalb die interessanteste von allen zu sein, weil sie nur zwei Wörter hatte. Das erste hieß „M“ und das zweite „Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks“. „M“ ist weiblich und heißt „Was ist denn jetzt wieder los?“, und „Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks“ ist männlich und heißt „Nichts“.Das kam daher, dass die Ekter in einem erloschenen Vulkantrichter lebten, der tief im Innern immer noch rumorte. Jedesmal, wenn es rumpelte, schossen die Ekterinnen erschreckt auf und riefen: „M?“, worauf ihre Männer mit beruhigender Stimme sagten: „Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks“. Das war das einzige, worüber die Ekter sprachen, alles andere erledigten sie in so großer Eile, dass ihnen keine Zeit zum Sprechen blieb.Ein unruhiges Land muss das gewesen sein, dieses Ektien.

Einmal kam es infolge von ungewöhnlichen Häufungen des Vulkangrollens sogar zu politischen Demonstrationen, bei denen eine große Zahl von Ektern vor das Rathaus zog und in Sprechchören die Worte „M! M! M!“ ausrief, worauf der ektische Präsident in einer großen Rede versicherte: „Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks!“ Dies stimmte allerdings nicht ganz, und der Präsident selbst wusste das auch, aber unglücklicherweise hatte er keine weiteren Ausdrücke zur Verfügung, und so gehört das Ektische heute zu den ausgestorbenen Sprachen. 

(aus Franz Hohler „Der Granitblock im Kino und andere Geschichten“) 

Wenn sich also das nächste Mal jemand bei Ihnen über Orthographie- oder Grammatikprobleme beschwert, erzählen Sie getrost diese Begebenheit als „Warnung“ vor Übersimplifikation! 

Dank an Herrn Anton Reyntjes, der dem Wunderland diesen Text zugesandt hat.

 

Die längsten Wörter ohne "e"

Welche langen Wörter haben kein "e"?  

e ist im Deutschen mit Abstand der häufigste Buchstabe. Wörter ohne e sind deshalb auch relativ schwer zu finden. Einige Beispiele langer Wörter, die auch im Duden stehen (Donaudampfschifffahrtskapitän ist zwar ein unglaublich langes Wort ohne e, steht allerdings nicht im Wörterbuch), sind hier angeführt: 

  • Aufsichtsratssitzung
  • Bruttosozialprodukt
  • Hauptschulabschluss
  • Individualtourismus
  • Organtransplantation
  • Strafvollzugsanstalt

Das zweitlängste Wort ohne e ist Fußballnationalmannschaft, das längste Wort mit 29 Buchstaben ist Wirtschaftsforschungsinstitut. 

(aus: Cus: „Der Coup, die Kuh, das Q. Das erstaunlichste Deutsch-Buch aller Zeiten“)

In der Kürze liegt ...

Was sind die kürzesten Wörter im Deutschen? 

Es ist kaum zu glauben, aber die drei kürzesten Wörter der deutschen Sprache, die der Duden vermerkt, sind tatsächlich: 

  • à (drei Eintrittskarten à 18 Euro)
  • i! (als Abkürzung für "Igitt!")
  • o! (als Abkürzung für "O weh!")